«Kein Sex ist auch keine Lösung!»

Ein partizipatives Projekt zur Umsetzung der BRK in den Themen Sexualität, Partnerschaft und Kinderwunsch

Corinne Wohlgensinger, Judith Adler, Urban Hanny, Andrea Sennhauser, Sibylla Strolz und Karin Zingg

Zusammenfassung
Der vorliegende Artikel stellt ein Projekt vor, dessen Ziel es war, ein Instrument zur (Selbst-)Überprüfung des Umsetzungsgrades der Behindertenrechtskonvention (BRK) in Institutionen zu schaffen. Fokussiert werden im Instrument die Themen Sexualität, Partnerschaft und Kinderwunsch von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen. Im Forschungsteam haben Menschen mit und ohne Beeinträchtigung zusammengearbeitet und viel gelernt. Der Prozess der Erarbeitung des Instruments und das erarbeitete Produkt werden im Beitrag präsentiert.

Résumé
Cet article présente un projet dont l'objectif était de créer un instrument d'(auto)contrôle du degré de mise en œuvre de la Convention relative aux droits des personnes handicapées (CDPH) dans les institutions. L'instrument se concentre sur les thèmes de la sexualité, du couple et du désir d'enfant des personnes ayant une déficience intellectuelle. Au sein de l'équipe de recherche, des personnes avec et sans handicap ont travaillé ensemble et ont appris beaucoup de choses. Le processus d'élaboration de l'instrument et le produit élaboré sont présentés dans l'article.

Keywords: Sexualität, Selbstbestimmung, kognitive Beeinträchtigung, Institution, partizipative Forschung, Behindertenrechte / sexualité, autodétermination, déficience intellectuelle, institution, recherche participative, droits des personnes handicapées

DOI: https://doi.org/10.57161/z2023-06-02

Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, Jg. 29, 06/2023

Creative Common BY

Behindertenrechtskonvention: gut und recht, aber …

Es dünkt einen, dass seit einigen Jahren kein wissenschaftlicher Text und kein Fachvortrag mehr auskommt, ohne dass nicht wenigstens einmal auf einen Artikel der Behindertenrechtskonvention (BRK) verwiesen wird. Auch in Selbstvertretenden-Räten und Geschäftsleitungssitzungen hat das Thema längst Einzug gehalten. Man ist gewillt, die BRK gut und rasch umzusetzen – so schiessen Aktionspläne wie Pilze aus dem Boden. Diese Entwicklung ist auch an den Autor:innen dieses Artikels nicht unbemerkt vorbeigegangen. Wir haben uns gefragt: Können die Institutionen für Menschen mit einer Beeinträchtigung denn überhaupt überprüfen, ob sie die BRK gut umsetzen? Dafür wollen wir als partizipatives Forschungs- und Entwicklungsteam aus Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen Hand bieten. Wir haben dafür einen Themenkomplex ausgewählt, von dem wir denken, dass er in den Institutionen – im wahrsten Sinne des Wortes − immer noch ein heisses Eisen ist: Sexualität, Partnerschaft und Kinderwunsch. So formuliert auch der verbandsübergreifende Aktionsplan von vahs, CURAVIVA und INSOS (2019) als Ziel Nummer 20: «Menschen mit Behinderung können in sozialen Institutionen ihr Recht auf eine selbstbestimmte Sexualität und Partnerschaft leben (UN-BRK, Art. 22, 23)».

Warum ausgerechnet Sexualität, Partnerschaft und Kinderwunsch?

Im Bereich der Sexualität, Partnerschaft und beim Thema Kinderwunsch sind Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung besonders in Gefahr, dass ihr Recht auf Selbstbestimmung übergangen wird. Dabei gilt das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung für Menschen mit einer Beeinträchtigung nicht erst seit Inkrafttreten der BRK. Auch vorher schon konnte es aus Regelungen zum Schutz der Würde, der Privatsphäre oder Schutz vor Diskriminierung hergeleitet werden (Arnade, 2013). Die BRK konkretisiert nun dieses Recht noch klarer durch die Artikel zur freien Wahl der Wohnform, Achtung der Privatsphäre und Achtung der Familie. Enthalten ist dabei auch die freie Entscheidung für oder gegen Kinder. Selbstverständlich sind auch die Rechte auf Information, Aufklärung und Gesundheitsdienste zentral (v. a. im Hinblick auf Fragen der Verhütung). Alle diese Themen wurden in unserem Projekt[1] berücksichtigt.

Viele Institutionen für Menschen mit einer Beeinträchtigung sind sich nach unserer Wahrnehmung bewusst, dass sie die Verpflichtung haben, diese Rechte umzusetzen. Auch dass Sexualität zum Leben von Menschen mit einer Beeinträchtigung gehört, wird heute kaum mehr infrage gestellt. Das heisst aber nicht, dass die betreffenden Personen ihre Sexualität entsprechend ihren Wünschen leben können. Eine Auseinandersetzung mit den Rechten auf Selbstbestimmung und Partizipation steht erst am Anfang (z. B. Häberli, 2019) und bisher fehlen geeignete Hilfsmittel, damit diese in der Praxis wirksam werden können. Noch mehr spitzt sich die Problematik zu, wenn die Zieldimensionen Selbstbestimmung und Partizipation auf die Themen Sexualität, Partnerschaft und Kinderwunsch respektive Verhütung angewendet werden. Dies erfordert eine vertiefte Reflexion und die Entwicklung von Handlungsentwürfen durch Institutionen und Unterstützungspersonen bezüglich der BRK-Konformität, da genaue «Vorschriften» durch den Text des Übereinkommens ja fehlen.

Das Recht auf Sexualität als Herausforderung für Institutionen

Das Leben in einer Institution gefährdet die Selbstbestimmung auf dem Gebiet der Sexualität zwangsläufig. Dies kann einer kritischen Haltung geschuldet sein oder auch restriktiven Regeln und Normen oder organisatorischen und baulichen Belangen wie etwa fehlenden Rückzugsräumen. Verschärft wird die Situation noch, wenn Institutionen respektive Angehörige dazu tendieren, in Fragen der Sexualität und Verhütung selbst zu entscheiden (INSOS & Sexuelle Gesundheit, 2017; Ortland, 2016; Earle et al., 2012). Zudem verfügen nur 20 Prozent der Mitarbeitenden in Institutionen in der Deutschschweiz über eine Qualifikation zum Thema Behinderung und Sexualität (Kunz & Müller, 2016).

Auf der persönlichen Ebene kommt hinzu, dass es Menschen mit einer Beeinträchtigung durch ein Leben in der Institution an Möglichkeiten fehlt, neue Kontakte zu knüpfen, um so eine Partnerin oder einen Partner zu finden. Zudem mangelt es auch häufig an Wissen und Möglichkeiten für ein selbstbestimmtes, den eigenen Bedürfnissen entsprechendes Leben der eigenen Sexualität. Ungenügende Aufklärung und Vorenthaltung von Selbstbestimmung verstossen nicht nur gegen wegweisende ethische Normen, wie sie etwa in Artikel 23 der BRK zu finden sind, sondern sie führen auch zu einer erhöhten Gefährdung durch sexuelle Gewalt. Die repräsentative Studie in Deutschland von Schröttle et al. (2012) hat ein erschreckendes Ausmass an Erfahrungen sexueller Gewalt bei Frauen und Männern mit kognitiver respektive psychischer Beeinträchtigung in Einrichtungen aufgezeigt. Dieses geht weit über die Vermutungen von Fachleuten hinaus. Frauen mit einer Beeinträchtigung sind zwei- bis dreimal häufiger von sexueller Gewalt betroffen als Frauen in der Gesamtbevölkerung. Frauen (und Männer), die in Einrichtungen leben, sind besonders gefährdet. Diese Ergebnisse unterstreichen ebenfalls die Dringlichkeit von Prävention und Massnahmen im Gebiet der Sexualpädagogik in Institutionen für Menschen mit einer Beeinträchtigung.

(Selbst-)Überprüfung der BRK-Konformität in Institutionen – geht das?

Man sieht sich also zahlreichen Herausforderungen gegenüber, wenn man die BRK wirksam umsetzen will. Nichtsdestotrotz gilt der Ausspruch einer Projektmitarbeiterin, die diesem Text auch seinen Titel verliehen hat: «Kein Sex ist auch keine Lösung!» Aus diesem Grund haben wir ein Instrument entwickelt, um den BRK-konformen Umsetzungsgrad zu überprüfen bezogen auf die Themen Sexualität, Partnerschaft, Kinderwunsch und Verhütung in Institutionen für Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung. Diese Aufgabe ist das Team partizipativ angegangen und hat eine Checkliste entwickelt. Das Ziel wäre es, diese in Zukunft auch auf andere Themengebiete adaptieren zu können.

Das partizipative Forschungs- und Entwicklungsprojekt «Knacknuss BRK»

Die Erfahrungen im Projekt SEGEL[2] haben uns motiviert, auch dieses anspruchsvolle Projekt partizipativ in einem Forschungs- und Entwicklungsteam mit Menschen mit und ohne kognitive Beeinträchtigungen durchzuführen. Mit einem partizipativen Forschungszugang werden Resultate möglich, die sich nahe an der Lebenswelt der Betroffenen befinden und damit anschlussfähige Veränderungen anstossen können. Zudem sind wir aus ethischen Gründen der Ansicht, dass das Credo «Nichts über uns ohne uns» auch in der wissenschaftlichen Forschung zur Anwendung kommen muss. Dem partizipativen Vorgehen entsprechend wurden die Projektschritte im Forschungsteam gemeinsam durchgeführt. Im Projekt wurde eine dreiteilige Checkliste zur (Selbst-)Überprüfung der BRK-Konformität in Institutionen für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung entwickelt. Die drei Varianten der Checkliste richten sich an die Personen mit einer Beeinträchtigung selbst, die Angehörigen und die Fachpersonen. Damit geht ein Hauptziel des Projektes einher, nämlich die Selbstbestimmung von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung auf diesem Gebiet zu stärken.

Die entwickelte Checkliste wurde in drei Institutionen erprobt, indem sie von Menschen mit einer Beeinträchtigung ausgefüllt wurde. Im Anschluss daran wurden alle Beteiligten von Mitgliedern des Forschungsteams zu den Inhalten und zur Vollständigkeit befragt. Einige Wochen später diskutierte das Forschungsteam die Auswertungen der Checklisten wieder in den Institutionen mit den befragten Fachpersonen, Angehörigen und Menschen mit einer Beeinträchtigung. Die Auswertung geschah entlang eines Punktesystems und lag in Form eines «Thermometers» (von Grün bis Rot), einer kurzen Beschreibung der Resultate, Empfehlungen auf der Grundlage der BRK sowie eines Vergleiches der verschiedenen Einschätzungen vor: Die Resultate der drei Gruppen «Person mit Beeinträchtigung», «Fachpersonen» und «Angehörige» sind nämlich nicht automatisch vergleichbar, sondern können auch innerhalb eines Themas voneinander abweichen. Auf dieser Grundlage konnte die BRK-Konformität der Institution zum Thema Sexualität nachvollziehbar aufgezeigt werden. Die Auswertung und die Empfehlungen zeigten den Institutionen den aktuellen Entwicklungsbedarf auf, wie uns zurückgemeldet wurde. Durch die unterschiedlichen Einschätzungen wurde zudem eine Diskussion angeregt.

Indikatoren zur Überprüfung der BRK-Konformität

Um überprüfen zu können, wie gut die entsprechenden Rechte aus der BRK umgesetzt sind, brauchte es natürlich Indikatoren. In einem ersten Schritt hat das partizipative Projektteam daher acht Themenbereiche mit dazugehörenden Kriterien aus der BRK herausgearbeitet. An diesen müssen sich die Institutionen messen lassen, wenn sie die Rechte auf Sexualität, Partnerschaft und Kinderwunsch konsequent umsetzen wollen. Diese Indikatoren bilden den normativen Gehalt der BRK-Artikel ab. Aus ihnen haben wir wiederum Fragen erarbeitet – für jede der genannten Gruppen einen eigenen Katalog. So entstanden die Checklisten. Die Themenbereiche und die dazugehörigen Indikatoren sind in Tabelle 1 zu finden:

Tabelle 1: Im SEGEL-Team erarbeitete Indikatoren aus der BRK zu den Themen Sexualität, Partnerschaft und Kinderwunsch

Themenbereiche

Indikatoren aus der BRK

Wohnen

  • Jemand hat sich selbst entschieden, hier zu wohnen.
  • Es ist wichtig, die Privatsphäre zu respektieren.
  • Anklopfen
  • «Nein» respektieren
  • Räume abschliessen können
  • Sich zurückziehen können
  • Das Internet soll nicht für alle gesperrt werden. Es braucht Lösungen für den Einzelfall.
  • Man muss zusammenwohnen können, wenn man will.
  • Alle brauchen ein eigenes WC & Dusche.

Bildung

  • Man kann Weiterbildungen machen.
  • Man kann sich selbst informieren.
  • Man soll die eigenen Rechte kennenlernen. Was darf man und was nicht? BRK – Sexualität
  • Es braucht eine gute Aufklärung und gutes Material.
  • Es braucht gute Hilfe beim Lernen.
  • Man muss wissen, wo es Hilfe und Informationen gibt.
  • Fachleute müssen wissen, wie man sich schützen kann:
  • Geschlechtskrankheiten
  • Schwangerschaft
  • HIV
  • Übergriffe u. a.

Gesundheit und Pflege

  • selbst bestimmen, welche Infos weitergehen und ob Leute beim Gespräch dabei sind
  • Menschen mit Beeinträchtigungen fühlen sich würdevoll, sicher und akzeptiert.
  • Die Infos werden verstanden.
  • Fachpersonen sollen auf die Beeinträchtigungen und Bedürfnisse Rücksicht nehmen.
  • Will man von einer Frau oder einem Mann gepflegt werden?
  • mitbestimmen, wie die Pflege abläuft
  • selbst bestimmen, zu welcher Ärztin oder zu welchem Arzt man geht und ob man begleitet wird

Kommunikation

  • Man soll offen sein.
  • Man soll verständlich sein.
  • Sexualität und Partnerschaft sollen keine Tabus mehr sein und gehören deshalb ins Leitbild.
  • Es braucht ein Konzept, damit die Themen geklärt werden.
  • Die Betroffenen müssen unbedingt mitreden können (Leitbild/Konzept).

Umgang mit Sexualität

  • Niemand darf gegen den Willen oder ohne zu fragen unfruchtbar gemacht werden.
  • selbst bestimmen, wie man verhütet
  • Sexspielzeug ist erlaubt und soll zur Verfügung stehen.
  • Selbstbefriedigung ist erlaubt, soll aber privat sein.
  • Kondome müssen zur Verfügung stehen.
  • Fachleute haben auch Grenzen, aber man muss zu Berührer:innen, Sexarbeiter:innen und Sexualtherapeut:innen gehen können, wenn man das will.
  • Es gibt die Möglichkeit, dass man Besuch hat; auch über Nacht. Einvernehmlicher Sex mit dem Besuch ist erlaubt. Das heisst: Es sind beide einverstanden.

Sexuelle Gewalt

  • Es gibt Kurse und Beratungen gegen sexuelle Gewalt:
  • für Bewohner:innen
  • für Fachleute
  • Die Menschen mit Beeinträchtigungen wissen, was sexuelle Gewalt ist.
  • Die Einrichtung hat die Charta zur Prävention von sexueller Ausbeutung, Missbrauch und anderen Grenzverletzungen unterschrieben.
  • Es gibt gute Unterstützung, wenn man sexuelle Gewalt erlebt hat.
  • Es gibt eine neutrale Anlaufstelle (intern und/oder extern)
  • Die Fachleute kennen die Anzeichen, die auf sexuelle Gewalt zutreffen.
  • Bei sexueller Belästigung herrscht Nulltoleranz; auch unter Bewohner:innen.
  • Es braucht eine Beschwerdestelle, die allen bekannt ist.

Partnerschaft

  • Die Institution verbietet keine Partnerschaften.
  • Man darf selbst entscheiden, mit wem man zusammen ist.
  • Man bekommt Informationen, um einen Partnerin oder einen Partner zu finden.
  • Paare können zusammen den Alltag verbringen.

Kinderwunsch und Elternschaft

  • Alle dürfen eine Familie gründen, wenn sie wollen und die Konsequenzen kennen.
  • Man darf selbst entscheiden, wie viele Kinder man will.
  • Alle wissen, wo sie gute Unterstützung bekommen.
  • Man muss über einen Kinderwunsch sprechen und nachdenken können.
  • Man kann das Vater- oder Muttersein ausprobieren (Babysimulator, Praktikum).

Kurze Reflexion und Ausblick

Das partizipative Vorgehen erwies sich als sehr gewinnbringend. Die Co-Forschenden kennen das Leben in einer Institution aus eigener Erfahrung sehr gut und konnten wichtige Themen für eine BRK-konforme Umsetzung des Themas Sexualität einbringen. Auf der Grundlage der Indikatoren und im partizipativen Team konnte eine gut verständliche Checkliste erarbeitet werden, mit dem Ziel, sie künftig für alle zur Verfügung zu stellen. Das dahingehend ein Bedarf besteht, haben die verschiedenen Erprobungen gezeigt: Die Bandbreite des Entwicklungsbedarfes in den Institutionen ist gross und reicht von allgemeinen Wissenslücken bezüglich BRK über hinderliche institutionelle Voraussetzungen bis hin zum Verbesserungswunsch der Zusammenarbeit mit Angehörigen.

Wichtig war in dieser partizipativen Forschungsarbeit auch, die Co-Forschenden zu bilden und zu qualifizieren zu Themen wie BRK, Sexualität, Leichte Sprache, Interviewführung und Präsentation von Ergebnissen. Die Mitarbeit und die Perspektive des Co-Forschungsteams waren grundlegend, um relevante Rechte im Themengebiet Sexualität auf der Grundlage der BRK gemeinsam zu erarbeiten und in zugänglicher Art und Weise zu formulieren.

Die Zusammenarbeit mit den Fachstellen für Sexuelle Gesundheit war eine wichtige Massnahme, um das fachliche Wissen ins Projekt einfliessen zu lassen (Weiterbildung) und die Menschen in den beteiligten Institutionen in diesem Gebiet weiterzubilden und zu stärken. Nur so war auch eine informierte Stellungnahme der beteiligten Personen im Rahmen der Erprobung der Checkliste möglich. Zudem war diese Zusammenarbeit auch in Bezug auf die mögliche Bearbeitung von Folgen sexueller Gewalt zentral.

Was haben wir als Team aus dem Projekt gelernt? Nicht nur unsere gemeinsam erarbeiteten Produkte sind einzigartig, unsere gemeinsame Arbeit als Team überhaupt ist wichtig! Das haben die Einsätze im Rahmen der Erprobung in den Institutionen für Menschen mit einer Beeinträchtigung gezeigt. Denn die partizipativen Inputs und die Darstellung der Auswertungen waren neu für die Bewohner:innen und die Fachpersonen, die immer gemeinsam teilnahmen. Damit konnte die Ermöglichung des Rechts auf Selbstbestimmung und Partizipation beispielhaft und «natürlich» aufgezeigt und Weiterentwicklungen initiiert werden. Dass auch wir uns weiterentwickeln wollen und werden, ist klar: Das Team SEGEL ist für uns nicht mehr wegzudenken!

Die Mitglieder des Teams SEGEL sitzen gemeinsam am Tisch.
von links nach rechts: Corinne Wohlgensinger (Projektleitung), Sibylla Strolz (wissenschaftliche Mitarbeit), Peter Ladner (Co-Forscher), Judith Adler (Projektleitung), Urban Hanny (Co-Forscher), Susanne Rutishauser (Co-Forscherin), Karin Zingg (Co-Forscherin), Andrea Sennhauser (Co-Forscherin, nicht auf dem Bild)

Projekt SEGEL

www.gemeinsamentscheiden.ch

info@gemeinsamentscheiden.ch

Literatur

Arnade, S. (2013). Sichtbarer denn je: Würde und Chancengleichheit. Die Behindertenrechtskonvention und die sexuelle Selbstbestimmung behinderter Menschen. In J. Clausen & F. Herrath (Hrsg.), Sexualität leben ohne Behinderung. Das Menschenrecht auf sexuelle Selbstbestimmung (S. 35–46). Kohlhammer.

Earle, S., Tilley, L. & Walmsley, J. (2012). Who makes crucial decisions on reproduction and contraception? Learning Disability Practice, 15 (8), 34–35.

Häberli, (2019). Selbstbestimmte Sexualität in institutionellen Wohnangeboten. Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, 25 (4), 44–47. https://ojs.szh.ch/zeitschrift/article/view/793

INSOS & Sexuelle Gesundheit Schweiz (Hrsg.) (2017). Sexualität, Intimität und Partnerschaft. Leitfaden für die Begleitung von Menschen mit Behinderung in institutionellen Wohnformen. INSOS Schweiz.

Kunz, D. & Müller, I. (2016). Ergebnisse. In D. Kunz (Hrsg.), Sexuelle Gesundheit für Menschen mit kognitiven Einschränkungen. Angebotsübersicht und Bedürfnisabklärung zu öffentlich zugänglichen Dienstleistungen sexueller Gesundheit (S. 110–127). Interact.

Ortland, B. (2016). Sexuelle Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung. Grundlagen und Konzepte für die Eingliederungshilfe. Kohlhammer.

Schröttle, M., Hornberg, C., Glammeier, S., Sellach, B., Kavemann, B., Puhe, H. & Zinsmeister, J. (2012). Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen in Deutschland. Kurzfassung. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. https://pub.uni-bielefeld.de/download/2528934/2645954/Lebenssituation-und-Belastungen-von-Frauen-mit-Behinderungen-Kurzfassung.pdf

Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (Behindertenrechtskonvention, BRK), vom 13. Dezember 2006, durch die Schweiz ratifiziert am 15. April 2014, in Kraft seit dem 15. Mai 2014, SR 0.109.

vahs, CURAVIVA Schweiz & INSOS Schweiz (2019). Aktionsplan UN-BRK 2019–2023. Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention bei Verbänden und Dienstleistungsanbietern für Menschen mit Behinderung. www.aktionsplan-un-brk.ch/admin/data/files/hero_asset/file/3/191021_a4_ap_lang_de_web_final.pdf?lm=1571657601

  1. Das Projekt wurde von der Ostschweizer Fachhochschule (OST) und der Hochschule Luzern (HSLU) durchgeführt mit finanzieller Unterstützung durch das Eidgenössische Büro für Gleichstellung von Menschen mit Beeinträchtigungen (EBGB).

  2. Der Name des Teams SEGEL ist eine Abkürzung und stammt ab von «Schwierige Entscheide – gemeinsame Lösungen». Wir sind ein partizipatives Forschungsteam, bei uns forschen Menschen mit und ohne kognitive Beeinträchtigungen seit dem Jahr 2018 gemeinsam. Mit dem sogenannten «Projekt SEGEL» (2018 − 2022) wurde der erste Grundstein für die gemeinsame Arbeit gelegt. Mehr Informationen finden sich unter: www.gemeinsamentscheiden.ch