Selbstbestimmt Freizeit erleben – mehr Inklusion bei Freizeitangeboten?

Hendrik Trescher und Sonja Weidmann

Zusammenfassung
Freizeit bietet ein hohes Potenzial, einen Lebensbereich selbstbestimmt und inklusiv zu gestalten. Eine Nacherhebungsstudie hat untersucht, wie sich Barrieren für die Teilnahme von Menschen mit Behinderungen an Freizeitangeboten in den letzten zehn Jahren verändert haben. Dafür wurden Leitfadeninterviews mit Verantwortlichen von Vereinen und Freizeitangeboten geführt und anschliessend unter einem qualitativ-inhaltsanalytischen Fokus ausgewertet. Heute zeigen sich mehr Vereine und Freizeitangebote aufgeschlossen gegenüber einer Teilnahme von Menschen mit Behinderungen als noch vor zehn Jahren. Die Verantwortlichen benennen aber auch ganz konkrete Grenzen von und Bedingungen für Inklusionsbereitschaft.

Résumé
Les loisirs offrent un potentiel élevé pour une vie autonome et inclusive. Une étude complémentaire a examiné comment les obstacles à la participation des personnes handicapées aux activités de loisirs ont évolué au cours des dix dernières années. À cette fin, des entretiens guidés ont été menés avec les responsables d'associations et d'activités de loisirs, puis évalués dans le cadre d'une analyse qualitative du contenu. Aujourd'hui, les associations et les prestataires de loisirs sont plus ouverts à la participation des personnes en situation de handicap qu'il y a dix ans. Cependant, les responsables mentionnent également des limites et des conditions très concrètes à leur volonté d'inclusion.

Keywords: Freizeit, Behinderung, Inklusion, Partizipation, Selbstbestimmung, Barrierefreiheit / loisir, handicap, inclusion, participation, autodétermination, accessibilité

DOI: https://doi.org/10.57161/z2025-07-06

Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, Jg. 31, 07/2025

Creative Common BY

Inklusionspotenzial von Freizeit und dessen Einschränkungen

Der Lebensbereich Freizeit hat für viele Menschen eine grosse Bedeutung. Wir gehen in unserer Freizeit Hobbys nach, treiben Sport, treffen Freund:innen und Familie oder eignen uns neue Fertigkeiten und Kenntnisse an. Selbstbestimmung ist hier häufig noch wichtiger als in anderen Lebensbereichen (Opaschowski, 2014): Die Berufsausbildung oder Karriere sind meist einer Leistungs- und Verwertungslogik unterworfen. Unsere Freizeit hingegen gestalten wir selbstbestimmt und nach unseren Interessen und Vorlieben und nehmen sie damit als positiven Aspekt des Lebens wahr (Markowetz, 2021).

Im Freizeitbereich bieten sich durch die enorme Vielfalt an Angeboten Möglichkeiten und Chancen für Menschen mit Behinderungen, Teilhabe zu erfahren und Selbstbestimmung auszuüben. In einer umfangreichen Studie untersuchte Trescher (2015a, 2015b, 2016) das Teilhabepotenzial von Freizeitaktivitäten für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen/‹geistigen Behinderungen›[1]. Es wurden Barrieren identifiziert, die dieses Potenzial einschränken (ebd., 2025a; ebd., 2022; Trescher & Nothbaum, 2023): Einerseits verfügen viele Menschen mit vor allem kognitiven Beeinträchtigungen über wenig selbstbestimmte freie Zeit aufgrund der eng strukturierten Tagesroutinen der Einrichtungen. Darüber hinaus bietet die institutionalisierte Wohnform kaum Möglichkeiten, Freizeitaktivitäten nach individuellen Interessen zu verfolgen (Pagán-Rodríguez, 2014; Trescher, 2017). Andererseits liegen Barrieren aufseiten der Freizeitangebote vor: Sowohl räumliche Gegebenheiten erschweren Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Angeboten und Aktivitäten als auch soziale Faktoren wie Ablehnung und Vorurteile gegenüber der Teilnahme von Menschen mit Behinderungen (Erbaş et al.,2017). Die in diesem Beitrag vorgestellte Nacherhebung aus dem Jahr 2024 untersucht, inwiefern sich räumliche und soziale Barrieren aufseiten der Freizeitangebote in den letzten zehn Jahren veränderten und welche Voraussetzungen oder Bedingungen erfüllt sein müssten, damit Freizeitangebote inklusiver werden.

Design und Auswertung der Nacherhebung

Methodisch orientiert sich die Nacherhebung am multimethodalen Studiendesign von 2014 (Trescher, 2015a). Allerdings wurde der Rahmen deutlich eingeschränkt, da der Fokus auf den Veränderungstendenzen bei den Freizeitangeboten lag. In der Nacherhebung wurden leitfadengestützte Telefoninterviews mit Verantwortlichen der Freizeitangebote geführt. Die Vereine und Angebote befinden sich alle im Raum Frankfurt am Main. Etwa die Hälfte der Befragten im Jahr 2024 nahm bereits an der Studie von 2014 teil. Zudem wurden weitere Vereine und Freizeitangebote nachrecherchiert. Grund dafür war die stark verschlechterte telefonische Erreichbarkeit der Vereine und Angebote und der dynamische Wandel der Angebotsstruktur im Erhebungsraum. Stärker institutionalisierte Angebote, die an Vereine angebunden waren, waren in beiden Erhebungen häufiger vertreten als beispielsweise Freizeitangebote zu Trendsportarten. Vereine und Freizeitangebote aus folgenden Sparten waren vertreten:

Da die Sparten in der Nacherhebung von 2024 nicht mehr gleichmässig verteilt waren, wurde auf eine quantitative Auswertung nach Sparten verzichtet. Generell erwiesen sich die beiden Datensätze von 2014 und 2024 in verschiedener Hinsicht als heterogen: Verglichen mit 2014 (n = 202) konnte beispielsweise in der Nacherhebung nur etwa ein Viertel der Interviews erfolgreich geführt werden (n = 55), trotz einer ähnlichen Anzahl an Kontaktversuchen. Eine quantitative Auswertung (Trescher et al., im Erscheinen) bestätigte diese mitunter schlechte quantitative Vergleichbarkeit der Datensätze. Im Jahr 2014 wurde ausserdem auf die Frage, ob Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen in der Vergangenheit mindestens einmal an der Freizeitaktivität teilgenommen haben, entweder mit ‹Ja› oder ‹Nein› geantwortet. 2024 antworteten fast ein Drittel aller Befragten mit ‹Weiss ich nicht›, was eine signifikante neue Antwortkategorie eröffnete. Aufgrund dieser Herausforderungen in der quantitativen Auswertung wurde anschliessend eine qualitative Analyse mit induktiver Kategorienbildung (Mayring, 2010) verfolgt, um inklusive Entwicklungen im Bereich Freizeitangebote über inhaltsbezogene Kategorien nachzuzeichnen. Dieser Beitrag stellt daher Ergebnisse aus qualitativer Perspektive und Aushandlungsstrategien zu inklusiven Themen aufseiten der Freizeitangebote vor.

Ergebnisse

Allgemein

Die statistische Auswertung ergab, dass die (zumindest einmalige) Teilnahme von Menschen mit Behinderungen an den befragten Freizeitangeboten von 52 Prozent im Jahr 2014 auf 82 Prozent zehn Jahre später anstieg. In mehr als vier von fünf Freizeitangeboten nahmen also mindestens einmal Menschen mit Behinderungen teil. Auch die (zumindest einmalige) Teilnahme von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen verzeichnete ähnlichen Zuwachs: von 19 Prozent im Jahr 2014 zu 47 Prozent zehn Jahre später.

Gleichzeitig verschob sich die allgemeine Zustimmung zur Teilnahme von Menschen mit Behinderungen bei den Befragten: 2014 lag mit 35 Prozent der grösste Anteil bei einer klaren Zustimmung, wobei aber 17 Prozent aller Befragten Inklusion vollständig ablehnten. Diese Zustimmungswerte verschoben sich in der Nacherhebung Richtung Mitte: Komplett ablehnend zeigten sich nur noch 7 Prozent der Befragten, aber auch nur noch 15 Prozent stimmten der Inklusion völlig zu. Stattdessen zeigte sich mehr als die Hälfte aller Befragten ‹eher aufgeschlossen›: In den Interviews wurde häufig geäussert, das Freizeitangebot sei «offen für alle» (Interview 6-02: ein Naturfreundeverein), «Jede und jeder ist willkommen» (I. 5-01: ein Handarbeitstreff) oder «[man gibt] sein Bestes, um [Menschen mit Beeinträchtigungen] die Teilnahme zu ermöglichen» (I. 1-04: ein interkultureller Kulturverein). Diese Aussagen relativierten die Befragten in vielen Interviews durch konkrete Einschränkungen, die die Befragten für eine gelungene Teilnahme von Menschen mit Behinderungen wahrnahmen. Aus diesen genannten Einschränkungen und aus generellen Aussagen zum Thema Behinderung wurden drei Themenbereiche identifiziert, die im Folgenden vorgestellt werden.

Bewusstsein für verschiedene Einschränkungen und Verständnis von Behinderung

Insgesamt veränderte sich das in den Interviews gezeigte Verständnis von Behinderung und das Bewusstsein für verschiedene Einschränkungen zwischen 2014 und 2024. Indikator dafür ist besonders die neue Antwortkategorie für die Frage, ob Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen (mindestens einmalig) am Angebot teilnehmen oder teilnahmen: Über ein Drittel der Befragten antwortete 2024 mit ‹Weiss ich nicht›. In einigen Fällen wurde dies von einem erklärenden Nachsatz begleitet, wie zum Beispiel: «Das können wir ja nicht wissen. Wer ADHS hat, kann ja trotzdem Tennis spielen» (I. 4-06). Der Begriff der kognitiven Beeinträchtigung wurde kritisch hinterfragt, beispielsweise woran man diese festmache, ob man das den Teilnehmenden überhaupt anmerke (I. 5-04) oder ob der IQ das entscheidende Kriterium sei (I. 2-32). Es wurde auch eine Parallele gezogen zu einer ‹Auffälligkeit› (I. 4-05). Mehrfach genannt wurden in den Interviews aus dem Jahr 2024 zudem gesundheitliche Beeinträchtigungen wie zum Beispiel Long Covid (I. 4-09) oder Alterseinschränkungen, die von den Befragten als Behinderung wahrgenommen wurden. Dazu zählten meistens Mobilitätseinschränkungen und Demenzerkrankungen. Diese Assoziierungen mit Behinderung fanden sich in den Interviews aus dem Jahr 2014 sehr selten bis gar nicht.

Wenn auch eine generelle Offenheit und Bereitschaft für Inklusion von Menschen mit Behinderungen vorhanden war, wurden diese in manchen Fällen für kognitive Beeinträchtigungen eingeschränkt. Als Gründe wurden Störungen und Irritationen im Ablauf der Freizeitaktivität genannt, bezeichnenderweise über alle Sparten hinweg, beispielsweise in einem Yogastudio (I. 4-04), einem Chor (I. 1-01) oder einer Nordic-Walking-Gruppe (I. 6-04). Immer dann, wenn ein stark defizitorientiertes Verständnis von ‹geistiger Behinderung› vorlag, wurden kognitive Einschränkungen auch als Hindernis für eine Teilnahme konstruiert; manchmal sogar unabhängig davon, ob im Vorfeld schon bestimmte physische oder intellektuelle Voraussetzungen für die Teilnahme am Angebot verneint wurden. Diese Begründung zeigte sich relativ stabil über die beiden Datensätze hinweg.

Bewusstsein für räumliche Barrieren

Im Vergleich zu 2014 zeigte sich in den Interviews von 2024 ein gestiegenes Bewusstsein für Barrieren. Im Jahr 2014 wurden Barrieren im Gebäude oder eine erschwerte Zugänglichkeit häufig als Hindernis für die Teilnahme von Menschen mit Behinderungen genannt. Dies ging meist einher mit einer sehr skeptischen bis negativen Einschätzung für eine erfolgreiche Teilnahme am Angebot. In vielen Interviews von 2024 hingegen wurden spontan mögliche Barrieren im Gebäude, in der Anfahrt und der Durchführung des Angebots aufgezählt – gleichzeitig wurden aber auch Möglichkeiten und Bereitschaft betont, diese Barrieren zu umgehen. Zwei Verantwortliche von Freizeitangeboten aus dem Bereich Kultur, deren Räumlichkeiten sich in einem Altbau beziehungsweise denkmalgeschützten Gebäude befinden, bedauerten die Einschränkungen. Zudem nannten sie von ihnen etablierte Vorgehensweisen, diese Barrieren zu umgehen oder abzumildern: zum Beispiel eine ‹Abhol-Klingel› im Erdgeschoss für Teilnehmende, die Unterstützung beim Treppensteigen benötigen (I. 1-07), oder das Verlegen eines Events ins Erdgeschoss, wenn eine Referentin mit Rollstuhl teilnimmt (I. 1-04). Ein Vertreter eines Freizeitangebots für Väter (I. 7-06), das bisher noch keine Teilnehmenden mit Behinderungen zu verzeichnen hatte, dachte im Laufe des Interviews spontan über verschiedene Mittel und Wege nach, um hypothetisch oder in Zukunft eine Teilnahme zu ermöglichen.

Sorgen um Mehraufwand bei Betreuung, Abwägungen zu (personellen) Ressourcen

Die geäusserten Sorgen und Abwägungen zur Teilnahme von Menschen mit Behinderungen am Freizeitangebot hängen teilweise eng zusammen mit dem Verständnis von Behinderung und dem Bewusstsein für Einschränkungen. Besonders deutlich wurde es dann, wenn eine Teilnahme von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen abgelehnt wurde – mit der Begründung, das Angebot sei zu anspruchsvoll oder die Betreuung zu aufwendig. Allerdings nahmen die Befragten an dieser Stelle weniger die Teilnehmenden mit kognitiven Beeinträchtigungen als potenziellen Störfaktor und damit als Problem wahr. Stattdessen waren für sie vor allem die begrenzten Ressourcen aufseiten des Angebots problematisch. So stellte die Vertreterin eines Kreativangebots (I. 5-19) fest, dass sie leider keine Unterstützung bei Toilettengängen leisten könne. Aus Versicherungsgründen dürfe sie die Teilnehmer:innen des Kurses nicht allein lassen und für das Angebot seien keine weiteren Personen verfügbar. Bedenken zu Sicherheitsrisiken für die Teilnehmenden äusserte auch der Verantwortliche eines Rettungsschwimmerverbandes (I. 7-02). Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen benötigten viel Einzelunterweisung, die nur geleistet werden könne, wenn genügend personelle Ressourcen für die Kursbetreuung bereitstünden – sprich ehrenamtlich Tätige. Befragte, die sich um begrenzte Ressourcen sorgten, sahen in einer Begleitperson für Menschen mit Behinderungen einen willkommenen Kompromiss, wenn die Teilnehmenden diese selbst organisieren.

Solche konkreten Bedingungen und Abwägungen zur gelingenden Teilhabe fanden sich vorwiegend in Interviews aus dem Jahr 2024. Ein möglicher Grund dafür ist, dass mittlerweile ein deutlich höherer Anteil der befragten Freizeitangebote bereits (mindestens einmal) Menschen mit Behinderungen aufgenommen hat. So konnten viele Angebote in den letzten zehn Jahren eigene Erfahrungen mit Inklusion sammeln.

Veränderungen in einem Verein zwischen 2014 und 2024: Beispiel

Die Vorsitzenden eines Modellfliegervereins wurden sowohl 2014 als auch 2024 interviewt, wobei zwischen den Erhebungen die jeweils befragte Vorsitzperson wechselte (vgl. Tab. 1). An diesem Beispiel lassen sich Veränderungen der folgenden drei Themen aufzeigen:

Tabelle 1: Interviewaussagen zweier Vorsitzenden eines Vereins aus den Jahren 2014 und 2024 im Vergleich

2014 (I. 7-25, Vorsitz A)

2024 (I. 5-07, Vorsitz B)

Zugänglichkeit des Angebots

Flugplatz ist nur mit dem Auto erreichbar.

Flugplatz ist nur mit dem Auto erreichbar. Im Winter wird auch in der Halle geflogen, die ist mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar.

Nehmen oder nahmen Menschen mit Behinderungen am Angebot teil?

Ja.

Weiss ich nicht.

Generelle Zustimmung für Teilnahme von Menschen mit Behinderungen

Man muss probieren, ob es funktioniert.

Eine Steuerung für ein Modellflugzeug könnte eigentlich auch angepasst werden, zum Beispiel für eine motorische Einschränkung.

Können Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen prinzipiell am Angebot teilnehmen?

Ohne intellektuelle Voraussetzung geht gar nichts. Man muss ja ordnungsgemäss handeln können.

Modellflugzeuge zu steuern erfordert kognitive Fähigkeiten, die Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen nicht haben: Man muss einfach frisch im Kopf sein.

Ja klar! – Man braucht allerdings eine Versicherung, die ist aber für alle Vereinsmitglieder Pflicht.

Mögliche Unterstützungsleistung durch den Verein

Nein, geht gar nicht.

Ja, so weit wie möglich. Eine Vorsitzperson kann aber nicht alles allein leisten, am besten eine eigene Begleitperson mitbringen.

Implikationen für selbstbestimmte Teilhabe im Freizeitbereich

Am Beispiel des Modellfliegervereins kristallisiert sich ein zentraler Punkt heraus: Offenheit und Bereitschaft für die Teilnahme von Menschen mit Behinderungen können hochgradig abhängig sein vom Engagement Einzelner. Die strukturellen Barrieren im Modellflugverein haben sich in den letzten zehn Jahren nicht verändert. Jedoch wandelte sich mit dem neuen Vorsitz die Bereitschaft, sich mit Barrieren auseinanderzusetzen. Die neue Vorsitzperson schlägt proaktiv die Möglichkeit einer angepassten Steuerung vor. Auch bei anderen Angeboten ohne personellen Wechsel zwischen 2014 und 2024 werden Barrieren zunehmend erkannt. Dies bedeutet zunächst nicht, dass Barrieren vollständig beseitigt werden. Vielmehr setzen sich die Verantwortlichen mit den Bedarfen von Menschen mit Behinderungen auseinander. Sie wägen ab, welche Ressourcen ihnen zur Verfügung stehen, um diese Barrieren zu umgehen oder abzumildern. Die Befragten zeigten dann die Grenzen inklusiver Bemühungen auf, nicht selten mit Bedauern. Oder sie knüpften sie an Bedingungen, wie zum Beispiel bessere Personalschlüssel oder mehr Kenntnisse im Umgang mit Menschen mit (kognitiven) Behinderungen.

Es muss erwähnt werden, dass trotz allem einzelne Befragte auch im Jahr 2024 die Teilnahme von Menschen mit Behinderungen komplett ablehnten oder sich in ausgrenzender Weise über diese Zielgruppe äusserten. Im gesamten Spektrum von kompletter Ablehnung bis hin zu voller Bereitschaft zur Inklusion scheint sich aber eine neue Mitte gefunden zu haben: der Inklusionsrealismus.

Prof. Dr. Hendrik Trescher
Universitätsprofessor

Institut für Erziehungswissenschaften

Philipps-Universität Marburg

trescher@uni-marburg.de

Sonja Weidmann
Wissenschaftliche Mitarbeiterin

Institut für Erziehungswissenschaften

Philipps-Universität Marburg

sonja.weidmann@uni-marburg.de

Literatur

Erbaş, Ü., Gümüş, H. & Talaghir, L. (2021). Leisure and Recreation Activities for Disabled People. International Journal of Disabilities Sports & Health Sciences, 4 (1), 1–7. https://doi.org/10.33438/ijdshs.732891

Markowetz, R. (2021). Freizeitpädagogik. In N. Hericks (Hrsg.), Inklusion, Diversität und Heterogenität. Begriffsverwendung und Praxisbeispiele aus multidisziplinärer Perspektive (S. 135–235). Springer VS.

Mayring, P. (2010). Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. Beltz.

Opaschowski, H. W. (2014). Freizeit. In G. Endruweit, G. Trommsdorff & N. Burzan (Hrsg.), Wörterbuch der Soziologie (S. 128–129). UVK.

Pagán-Rodrígruez, R. (2014). How do disabled individuals spend their leisure time? Disability & Health Journal, 7 (2), 196–205. https://doi.org/10.1016/j.dhjo.2014.01.001

Trescher, H. (2015a). Inklusion. Zur Dekonstruktion von Diskursteilhabebarrieren im Kontext von Freizeit und Behinderung. Springer VS.

Trescher, H. (2015b). Zielperspektive Inklusion. Freizeit von Menschen mit geistiger Behinderung. Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, 21 (9), 39–46.

Trescher, H. (2016). Freizeit als Fenster zur Inklusion. Konstruktionen von Teilhabe und Ausschluss für erwachsene, institutionalisiert lebende Menschen mit «geistiger Behinderung». Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete, 85 (2), 98–111.

Trescher, H. (2017). Wohnräume als pädagogische Herausforderung. Lebenslagen institutionalisiert lebender Menschen mit Behinderung. Springer VS.

Trescher, H. (2022). Barriere. In F. Kessl & C. Reutlinger (Hrsg.), Sozialraum. Eine elementare Einführung (S. 451–461). Springer VS.

Trescher, H. & Nothbaum, P. (2023). Partizipation und Partizipationsbarrieren von Menschen mit Behinderung in Deutschland. In J. Sommer (Hrsg.), Kursbuch Bürgerbeteiligung (Bd. 5, S. 385–392). Republik.

Trescher, H., Nothbaum, P. & Weidmann, S. (2025, im Erscheinen). Teilhabebarrieren im Kontext von Freizeit und (‹geistiger›) Behinderung – Perspektiven im Zehnjahres-Vergleich.

  1. In diesem Beitrag sind die Begriffe kognitive Beeinträchtigung und ‹geistige Behinderung› synonym zu verstehen. ‹Geistige Behinderung› steht zwischen Anführungs- und Schlusszeichen, um den Begriff als soziales Konstrukt kenntlich zu machen. Da in der Erhebung von 2014 überwiegend der Begriff ‹geistige Behinderung› genutzt wurde, wird er auch hier stellenweise übernommen.