Musik als stärkendes Medium für die Eltern-Kind-Interaktion

Daniela Folly

Zusammenfassung
Eine aktive und förderliche Eltern-Kind-Interaktion gilt als optimale Voraussetzung für die Entwicklung des Kindes. Das heilpädagogische Interesse an der Eltern-Kind-Interaktion liegt insbesondere darin, zu beobachten, wie sich diese Interaktionen gestalten. Die Autorin hat im Rahmen ihrer Masterarbeit das Thema Stärkung der Eltern-Kind-Interaktion durch Musik in der Heilpädagogischen Früherziehung erarbeitet. Ein achtwöchiges Projekt am Frühberatungsdienst Freiburg hat gezeigt, wie wertvoll es ist, wenn Eltern-Kind-Interaktionen in der Heilpädagogischen Früherziehung gestärkt werden und wie die Musik als möglicher kreativer Ansatz genutzt werden kann.

Résumé
Une interaction parents-enfant active et stimulante est considérée comme une condition essentielle pour le développement de l'enfant. L'intérêt de la pédagogie spécialisée réside notamment dans l'observation de la manière dont ces interactions se déroulent. Dans le cadre de son travail de Master, l’autrice s’est penchée sur la question du renforcement des interactions parents-enfant grâce à la musique dans l'éducation précoce spécialisée. Un projet de huit semaines au Service éducatif itinérant de Fribourg a montré combien il est précieux de renforcer les interactions parents-enfants dans l'éducation précoce spécialisée et comment la musique peut être utilisée comme une approche créative potentielle.

Keywords: Familie, Eltern-Kind-Beziehung, soziale Interaktion, sozial-emotionale Entwicklung, Bindung, Heilpädago-gische Früherziehung, nichtverbale Kommunikation, Musik / famille, relation parents-enfant, interaction social, développement socio-émotionnel, attachement, éducation précoce spécialisée, communication non verbale, musique

DOI: https://doi.org/10.57161/z2025-04-04

Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, Jg. 31, 04/2025

Creative Common BY

Familienorientierung in der Heilpädagogischen Früherziehung

In der Heilpädagogischen Früherziehung hat sich ein familienorientierter Ansatz etabliert. Ziel ist es, die Eltern aktiv in die Förderung einzubeziehen, um nachhaltige Entwicklungsfortschritte beim Kind zu erzielen. Familienorientierung bedeutet dabei mehr als reine Beratung. Sie basiert auf einem partnerschaftlichen Verhältnis zwischen Heilpädagogischer Früherzieherin und Eltern. In enger Zusammenarbeit aktiviert die Fachperson die elterlichen Ressourcen und stärkt die Eltern in ihrer Erziehungskompetenz. Zentrale Prinzipien der familienorientierten Arbeit sind Vertrauen, Respekt und eine offene Kommunikation. In der Heilpädagogischen Früherziehung wird darauf geachtet, die individuellen Bedürfnisse der Familie zu erkennen und gezielte Unterstützungsangebote bereitzustellen. Dabei wird nicht nur das Kind in den Fokus genommen, sondern die gesamte Familiensituation. Gerade im Miterleben der Förderung können sich Eltern mit den Bedürfnissen ihres Kindes auseinandersetzen und im gemeinsamen Spiel mit der Fachperson ihr Erleben überprüfen (Thurmair & Naggl, 2010).

Ein zentraler Aspekt der Familienorientierung ist die Stärkung der elterlichen Kompetenzen durch Empowerment (Sarimski, 2017). Die Eltern sollen ermutigt werden, ihre Ressourcen zu erkennen und selbstständig Entscheidungen zu treffen, die das Wohl ihres Kindes fördern. Dies umfasst, Wissen über Entwicklungsprozesse zu vermitteln, gemeinsam Erziehungshaltungen zu reflektieren und Lösungen für alltägliche Herausforderungen zu erarbeiten.

Die Bedeutung früher Eltern-Kind-Interaktionen

Frühe Eltern-Kind-Interaktionen legen den Grundstein für die soziale und emotionale Entwicklung des Kindes. Positive Interaktionsmomente fördern die Bindungssicherheit, die für die Exploration und das Lernen unabdingbar ist. Zudem sind sie die Basis für die Entwicklung von Selbstvertrauen, Kommunikationsfähigkeiten und sozialen Kompetenzen. Durch regelmässige, qualitativ hochwertige Interaktionen zwischen Eltern und Kind werden grundlegende Fähigkeiten wie Emotionsregulation und Problemlösung gefördert (Fuhrer, 2009). Wenn liebevolle, spielerische und lustvolle Momente zwischen Eltern und Kind gelingen und Eltern diese Momente wahrnehmen, dann ist eine gute Basis für die kindliche Entwicklung wie auch für die Familienentwicklung geschaffen (Retzlaff, 2016).

Responsivität, also die Bereitschaft der Eltern, auf kindliche Signale einzugehen und darauf zu reagieren, ist ein weiterer Schlüsselfaktor für die Qualität der Eltern-Kind-Beziehung. In diesen Reaktionen zeigen Eltern ein Verständnis für das Kind und seine Situation. Das elterliche Verhalten wird auf die Interessen und Initiativen beziehungsweise den Entwicklungsstand und den Affektzustand des Kindes eingestellt (Grossmann & Grossmann, 2011). Erkenntnisse aus der Säuglingsforschung weisen nach, dass spezifische elterliche Kompetenzen sich auf die frühkindliche Entwicklung auswirken. Säuglinge und Kleinkinder fühlen sich in Sicherheit, wenn sie sich darauf verlassen können, von einer kompetenten Elternfigur betreut zu werden. Die Verfügbarkeit der Eltern sorgt dafür, dass das Kind eine sichere Basis hat, von der aus es erkunden und lernen kann, seine kognitive und emotionale Entwicklung gestärkt und unterstützt wird. Gemäss Ahnert (2019) werden der Ausdruck und die Mitteilung emotionaler Bedürfnisse von Anfang an durch das Verhalten der Bindungsperson gegenüber den kindlichen Signalen geformt.

Feinfühligkeit seitens der Eltern umfasst die Wahrnehmung, richtige Interpretation und angemessene Reaktion auf kindliche Signale. Es geht also um die Qualität der Reaktion einer Bezugsperson, die wiederum die frühkindliche Bindung beeinflusst. Diese Feinfühligkeit wird durch intuitives elterliches Verhalten gestärkt (Papoušek, 2001). Feinfühlige Eltern erkennen die Bedürfnisse ihres Kindes und schaffen durch prompte und passende Reaktionen ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit.

Musik als Medium der Heilpädagogischen Früherziehung

Musikalische Interaktionen

Musik als interaktives Medium bietet vielfältige Möglichkeiten, Responsivität und Feinfühligkeit spielerisch zu entwickeln. Gemeinsames Singen und Musizieren verstärken die nonverbale Kommunikation, wie Blickkontakt und Körpersprache, und schaffen einen sicheren Raum für emotionale Begegnungen. Musikalische Aktivitäten vermitteln Freude und fördern soziale Bindungen und Emotionen durch positive Rahmenbedingungen wie Zeit, Raum und Zuwendung (Stadler Elmer, 2015).

Musikalische Rituale wie ein Gutenachtlied oder rhythmische Spiele (Klatschen, Verse etc.) bieten wiederkehrende, vertraute Momente, die Kindern Sicherheit geben. Rituale und Routinen spielen allgemein eine wesentliche Rolle in der frühen Eltern-Kind-Interaktion. Sie bieten nicht nur Struktur und Vorhersehbarkeit, sondern schaffen auch Gelegenheiten für intensive Interaktionen. Musik kann dabei als verbindendes Element dienen, das den Alltag bereichert und gleichzeitig die Bindung fördert. Ein Morgenlied oder ein gemeinsames Aufräumlied trägt dazu bei, den Tagesablauf zu rhythmisieren und die Beziehung zwischen Eltern und Kind zu stärken.

Wirkungen musikalischer Aktivitäten

Musik hat eine stimulierende Wirkung auf das Gehirn und unterstützt sowohl die kognitive als auch die soziale Entwicklung. Studien belegen laut Stegemann (2018), dass Musik neuronale Netzwerke aktiviert und sowohl die rechte als auch die linke Gehirnhälfte anspricht, was sich positiv auf die Sprachentwicklung, die Motorik, das Gedächtnis und die Konzentrationsfähigkeit auswirkt.

Musikalische Aktivitäten wie Singen, Rhythmusspiele und das gemeinsame Spielen einfacher Instrumente haben vielfältige positive Effekte. Sie unterstützen nicht nur die Kommunikation zwischen Eltern und Kind, sondern regen auch die sensorische Integration und die motorische Entwicklung an. Rhythmische Bewegungen zur Musik fördern die Koordination, während das Erlernen einfacher Melodien das Gedächtnis und die Konzentration stärkt (Hirler, 2015).

Beim Singen eines Liedes wird die sprachliche Entwicklung auf vielfältige Weise gefördert. Das Kind lernt mit jedem Lied neue Wörter, die sich durch das häufige Wiederholen einprägen. Ein rhythmisches Element eines Liedes unterstützt darüber hinaus die Lautbildung und die Wortbetonung. Musik und Sprache stehen in einem engen Zusammenhang, weil sie gemeinsame Merkmale haben wie Melodie, Rhythmus, Tempo, Artikulation und Dynamik. Lieder, Reime oder musikalische Spielformen wirken sprachfördernd: Sie ermöglichen Lernprozesse, die an den Interessen der Kinder anknüpfen und so das Sprechen und Handeln verbinden (Hirler, 2015).

Darüber hinaus wirkt Musik beruhigend oder anregend, je nach Auswahl des Tempos und der Melodie. Durch gemeinsames Singen wird der soziale Zusammenhalt gefördert, indem man sich gemeinsam einem Lied oder einer Melodie hingibt. Klangliche und rhythmische Elemente, die bereits in der pränatalen Zeit durch den Herzschlag oder durch die Stimme der Mutter beginnen, bilden eine wesentliche Grundlage der frühen Eltern-Kind-Interaktion (Stegemann, 2018).

Auch gemeinsames Musizieren in einer Gruppe wirkt sich positiv auf das einzelne Kind aus. Das Kind lernt, in der Gruppe zu interagieren, auf andere zu achten und auf diese zu hören. Im Idealfall erlebt das Kind hierbei ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Zudem werden durch gemeinsames Musizieren zwischenmenschliche Beziehungen gepflegt. Indem das Kind aktiv musiziert und zu einer Gruppe gehört, werden sein Selbstvertrauen und seine Selbstsicherheit gestärkt (Wieblitz, 2007).

Gemeinsames Singen, Tanzen und Musizieren können also wichtige Bausteine der Lebensqualität sein, wobei pädagogische und therapeutische Potenziale nicht zwingend im Vordergrund stehen müssen. Es genügt völlig, wenn Familien und Kinder diese Bausteine als positiv und motivierend empfinden und sie zur Stärkung der sozialen und emotionalen Bedürfnisse in der Familie nützen.

Musik als Bindungselement

Das gemeinsame Musizieren steigert die Ausschüttung von Bindungshormonen wie Oxytocin, was die Eltern-Kind-Beziehung positiv beeinflusst (Stegemann, 2018). Durch musikalische Interaktionen entstehen Vertrauen und Sicherheit, die für die Entwicklung einer stabilen Bindung essenziell sind. Musik kann hierbei als universelle Sprache verstanden werden, die Barrieren überwindet und eine intensive, emotionale Verbindung ermöglicht. Eltern berichten oft, dass sie durch das gemeinsame Singen und Musizieren ihr Kind besser verstehen, besser auf die Bedürfnisse eingehen, gemeinsam lachen und einen positiven Moment zusammen erleben können.

Musik und Emotionsregulation

Musik spielt eine zentrale Rolle bei der Emotionsregulation und kann nach Sarimski (2017) gezielt zur Stressbewältigung eingesetzt werden. Kinder reagieren intuitiv auf musikalische Reize, die ihnen helfen können, ihre Gefühle zu verarbeiten, sich zu entspannen oder Stresssituationen zu entgehen. Langsame, beruhigende Melodien können Ängste und Unruhe mindern, während schnelle, rhythmische Stücke Freude und Energie vermitteln. Eltern können Musik so gezielt einsetzen, um ihre Kinder in stressigen Situationen zu beruhigen oder zu motivieren.

Untersuchung am Früherziehungsdienst Freiburg

Methodisches Vorgehen

Im Rahmen ihrer Masterarbeit (Folly, 2020) hat die Autorin untersucht, wie die Heilpädagogische Früherziehung durch Musik elterliche und kindliche Interaktionskompetenzen stärken kann. In einer achtwöchigen Untersuchung begleiteten vier Heilpädagogische Früherzieherinnen des Früherziehungsdiensts Freiburg je zwei Familien. Die Autorin erläuterte vor Projektbeginn sowohl den Heilpädagogischen Früherzieherinnen als auch den Eltern das Ziel und den Nutzen dieser Arbeit. Vor Beginn der Durchführung beurteilten die Heilpädagogischen Früherzieherinnen erstmals die Eltern-Kind-Interaktion beim gemeinsamen Musizieren anhand eines selbst entwickelten Beobachtungsbogens[1]. Die Heilpädagogischen Früherzieherinnen bauten dann während acht Wochen Musik in die Förderstunden ein: Sie zeigten den Familien einfache Techniken (Morgenlieder, Abendlieder, Verse, Klatschspiele, Rituale etc.), die leicht in den Alltag integriert werden konnten. Es standen verschiedene Materialien zur Verfügung (Instrumente, Lieder und Verse). Am Ende des Projekts füllten die Heilpädagogischen Früherzieherinnen erneut den Beobachtungsbogen aus. Zudem führte die Autorin mit fünf Familien ein Leitfaden-Interview durch (Erfahrungen zum Verhalten des Kindes, Erfahrungen der Eltern, Bewertung des Projektes und Einbezug von Musik im Alltag). Ausgewertet wurden die Interviews anhand der qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring, 2015).

Gemeinsames Musizieren zwischen Mutter und Kind
Ein etwa zwei Jahre alter Junge hält eine selbstgebastelte Rassel aus Teesieben in der Hand. Er lächelt eine Frau an, die ihm gegenüber sitzt.

Ergebnisse

Ergebnisse aus Sicht der Eltern (Interviews)

Den interviewten Eltern zufolge drücken ihre Kinder in gemeinsamen musikalischen Situationen ihre Emotionen mehrheitlich positiv aus. Die Kinder zeigen vor allem Freude am gemeinsamen Musizieren. Nach Angaben der Eltern äussern die Kinder ihre persönlichen Bedürfnisse sehr unterschiedlich, zum Teil nonverbal, durch direkte verbale Kontaktaufnahme oder mittels Musikinstruments. Die meisten Eltern berichten, dass die Kinder über das Singen ihre Interessen und ihre Aufmerksamkeit den Eltern gegenüber zeigen würden (geteilte Aufmerksamkeit). Die Kinder reagieren vor allem auf das Singen der Eltern. Sie sind dabei sehr wachsam und motiviert, hören zu und beteiligen sich am gemeinsamen Musizieren. Zudem geben die Eltern an, dass es ein hohes Mass an Aufmerksamkeit braucht, um auf kindliche Signale eingehen zu können. Den Eltern bereitet es Freude, mit ihrem Kind gemeinsame Momente zu verbringen. Dadurch haben sich auch die Wertschätzung und das Zutrauen der Eltern positiv verändert. Die meisten Eltern betonen, dass die Musik, das Singen, das Spielen mit Instrumenten ihnen konkrete Ideen gab, was sie mit ihrem Kind machen könnten. Die Eltern geben an, dass sie ihre Kinder unterstützen, sie begleiten und ihnen Hilfestellung anbieten, wenn diese eine solche benötigen. Sowohl Eltern als auch Kinder haben Aktivitäten und Aufmerksamkeit für eine Interaktion eingebracht. Und sie sind auf die Gefühle und Bedürfnisse des Gegenübers eingegangen. Diese Beobachtungen stimmen mit den Studienergebnissen von Papoušek (2001) und Stegemann (2018) überein, die ebenfalls eine enge Verbindung zwischen musikalischen Interventionen und einer verbesserten Interaktionsqualität aufzeigen konnten. Durch das gemeinsame Musizieren gehen die Eltern mehr auf die Bedürfnisse ihrer Kinder ein, indem sie sich bewusst Zeit nehmen, um zu zweit etwas zu machen. Die Wirkung der Musik auf die Eltern-Kind-Interaktion ist nach Angaben der Eltern positiv. Die Eltern betonen, dass sie durch gemeinsames Musizieren einen emotionalen und körperlichen Zugang zum Kind gefunden haben.

Ergebnisse aus Sicht der Heilpädagogischen Früherzieherinnen (Beobachtungsbogen)

Der Beobachtungsbogen wurde vor und nach der Durchführung des Projektes durch die zuständige Heilpädagogische Früherzieherin ausgefüllt. Es zeigten sich positive Veränderungen in den interaktiven Kompetenzen der Eltern: Die Eltern lächeln ihr Kind während des gemeinsamen Musizierens vermehrt an. Zudem sprechen mehr Eltern in einem warmen Ton mit ihren Kindern und zeigen Blickkontakt. Sie gehen auf die Bedürfnisse der Kinder ein und nehmen verbale und nonverbale Äusserungen wahr. Die Mehrheit aller Eltern zeigt am Ende des Projekts während des Musizierens mehr Interesse dem Kind gegenüber. Ein weiterer zentraler Aspekt war die Stärkung des elterlichen Selbstvertrauens. Durch die gezielte Nutzung musikalischer Rituale und Spiele konnten Eltern das Verhalten ihrer Kinder besser verstehen und adäquat darauf reagieren. Laut Sarimski (2017) führt diese Art der Unterstützung zu einer nachhaltigen Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehung.

Die Heilpädagogischen Früherzieherinnen beobachteten auch bei den interaktiven Kompetenzen der Kinder positive Veränderungen beim gemeinsamen Musizieren. Die Kontaktfreudigkeit der Kinder gegenüber ihren Eltern hatte sich im Verlauf des Projekts stark verbessert. Ausserdem zeigten die Kinder vermehrt Freude und mehr Blickkontakt im gemeinsamen Spiel mit ihren Eltern. Darüber hinaus wurde beobachtet, dass Musik eine entspannende Wirkung auf die Kinder hatte, insbesondere in stressigen oder konfliktreichen Situationen. Die beruhigende Wirkung von Musik, wie sie auch von Grossmann und Grossmann (2011) beschrieben wird, half den Eltern, eine ruhigere und konstruktivere Interaktion mit ihren Kindern aufzubauen.

Am Früherziehungsdienst Freiburg wird seit 2021 einmal wöchentlich ein Rhythmik-Atelier für Eltern und Kinder angeboten. Es soll gemeinsame Momente zwischen Eltern und Kindern ermöglichen, um die Freude am Rhythmus und an der Bewegung mit Instrumenten, Musik, Gesang, Körperspielen und Tanz zu erleben. Es zeigt sich auch hier, dass die Musik ein Medium ist, um Eltern in ihren elterlichen Kompetenzen zu stärken und die Interaktion zu ihren Kindern zu vertiefen. Die Eltern können von der Gruppe lernen, indem sie sich gegenseitig im Umgang mit dem Kind beobachten und Veränderungen in der Interaktion zu ihrem Kind zulassen. Sie werden zunehmend aufmerksamer auf die Bedürfnisse der Kinder, können deren Signale besser erfassen, verhalten sich sichtlich entspannter und geben dem Kind mehr Raum, sich selbst zu entwickeln (bspw. beim freien Tanzen, beim Spielen mit Instrumenten). Das Angebot zeigt, wie wertvoll es ist, wenn Eltern-Kind-Interaktionen in der Heilpädagogischen Früherziehung gestärkt werden und wie es Musik als möglichen kreativen Ansatz nutzen kann.

Fazit

Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass musikalische Aktivitäten einen positiven Einfluss auf die Eltern-Kind-Interaktion haben. Musikalische Interventionen können somit eine wertvolle Ressource in der Heilpädagogischen Früherziehung sein. Musik ermöglicht es, die Eltern-Kind-Beziehung auf eine spielerische und zugleich tiefgreifende Weise zu stärken. Zudem zeigt sich, dass Musik als Medium nicht nur die kindliche Entwicklung fördert, sondern auch die elterlichen Kompetenzen nachhaltig stärkt. Die Eltern haben berichtet, dass sie durch musikalische Rituale und Spiele mehr Sicherheit im Umgang mit den Bedürfnissen ihrer Kinder gewonnen haben.

Die Heilpädagogische Früherziehung tut gut daran, die Musik noch bewusster in die Familien zu bringen. Musik kann insofern einen Beitrag zur Stärkung der Eltern-Kind-Interaktion leisten, als sich bereits frühe Interaktions- und Kommunikationserfahrungen wesentlich aus musikalischen Wirkungskomponenten (Rhythmus, Klang, Melodie, Dynamik, Form) zusammensetzen. Im Rahmen der Heilpädagogischen Früherziehung sollte auch stets der Aspekt der individuellen elterlichen und kindlichen Interaktionskompetenzen sowie die Qualität der elterlichen Feinfühligkeit einbezogen werden, um den Aufbau einer sicheren Bindung zwischen Eltern und Kind zu unterstützen.

Daniela Folly
Heilpädagogische Früherzieherin

Früherziehungsdienst Freiburg

daniela.folly@edufr.ch

Literatur

Ahnert, L. (2019). Bindung und kindliche Entwicklung. Springer.

Folly, D. (2020). Stärkung der Eltern-Kind-Interaktion durch Musik in der Heilpädagogischen Früherziehung. Eine qualitative Studie zur Stärkung der elterlichen und kindlichen Interaktionskompetenzen. Masterarbeit, Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik. https://www.fed-freiburg.ch/sites/seifed/files/attached/articles/25.11.20_masterarbeit_daniela_folly_07.57.55.pdf

Fuhrer, U. (2009). Lehrbuch Entwicklungspsychologie (2., überarb. Aufl.). Huber.

Grossmann, K. & Grossmann, K. E. (2011). Bindungen: Das Gefühl von Geborgenheit und die Entwicklung des Kindes. Klett-Cotta.

Hirler, S. (2015). Sprachförderung durch Rhythmik und Musik. Herder GmbH.

Mayring, P. (2015). Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken (12., überarb. Aufl.). Beltz.

Papoušek, M. (2001). Intuitive elterliche Kompetenzen. Huber.

Retzlaff, R. (2016). Familien-Stärken. Behinderung, Resilienz und systematische Therapie (2. Aufl.). Klett-Cotta.

Sarimski, K. (2017). Heilpädagogische Früherziehung in Theorie und Praxis. Reinhardt.

Stadler Elmer, S. (2015). Musik und Kind. Das Entwicklungspotential erkennen und verstehen. Springer.

Stegemann, T. (2018). Musiktherapie in der frühen Kindheit. Hogrefe.

Thurmair, M. & Naggl, M. (2010). Praxis der Frühförderung (4., überarb. Aufl.). Reinhardt.

Wieblitz, C. (2007). Lebendiger Kinderchor (2. Aufl.). Fidula.

  1. Hinweise zur Zusammenstellung des Beobachtungsbogens finden sich bei Folly (2020).