Das Potenzial von Co-Teaching-Formen auf der Tiefenebene
Zusammenfassung
Co-Teaching von Lehrpersonen und Schulischen Heilpädagog:innen ist ein Kernelement inklusiver Schule. Es wird erwartet, dass Co-Teaching das Lernen der Schüler:innen unterstützt und den Unterricht differenzierter sowie inklusiver macht. Zudem soll es Lehr- und Fachpersonen entlasten sowie ihre Professionalisierung fördern. Im vorliegenden Artikel werden Co-Teaching-Formen als Organisationsformen auf der Oberflächenebene untersucht. Basierend auf empirischen Studien wird das Potenzial der einzelnen Co-Teaching-Formen diskutiert. Dies bietet die Grundlage dafür, dass Lehr- und Fachpersonen Co-Teaching zielorientierter einsetzen können.
Résumé
Le coenseignement entre enseignantes et enseignants réguliers et enseignantes et enseignants spécialisés est un élément central de l'école inclusive. Le coenseignement doit soutenir l'apprentissage des élèves et rendre l'enseignement plus différencié et inclusif. En outre, il doit décharger tant les enseignantes et enseignants réguliers que spécialisés, et favoriser leur professionnalisation. Cet article examine les caractéristiques dites « de surface » (Oberflächenebene), c’est-à-dire, les différentes formes de coenseignement au niveau de l’organisation. Partant d’études empiriques, il discute de leur potentiel, donnant une base aux enseignantes et enseignants réguliers et spécialisés dans l’utilisation plus ciblée du coenseignement.
Keywords: Teamteaching, Multiprofessionalität, Kooperation, inklusiver Unterricht, Unterrichtsplanung / coenseignement, multiprofessionnalité, coopération, enseignement inclusif, planification de l'enseignement
DOI: https://doi.org/10.57161/z2025-01-02
Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, Jg. 31, 01/2025
Die Kooperation beziehungsweise das Co-Teaching von Lehrpersonen und Schulischen Heilpädagog:innen ist ein Kernthema in der Diskussion um inklusive Schulformen. Diese Form der Zusammenarbeit soll positive Effekte auf das Lernen der Kinder und die Inklusion haben. Die Forschung hat jedoch mehrfach darauf hingewiesen, dass empirisch nicht geklärt ist, inwieweit Kooperation tatsächlich wirkt (Grosche & Moser Opitz, 2023). Manche Forschungsergebnisse zeigen sogar, dass ihr Effekt klein oder nicht vorhanden ist (Hattie, 2013). Oft werden unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit gebündelt, wenn die Wirksamkeit von Kooperation untersucht wird (Hattie, 2013). Bereits Bauer (2008) hat jedoch betont, dass wirksame Kooperation mehrdimensional ist und verschiedene Formen und Modi kombiniert. Auch Grosche et al. (2020) gehen davon aus, dass Austausch, Arbeitsteilung und Ko-Konstruktion für verschiedene Ziele unterschiedlich wirksam sind. Das bedeutet, dass Lehrpersonen und Schulische Heilpädagog:innen sich überlegen müssen, welches Ziel sie verfolgen, wenn sie die Form ihrer Zusammenarbeit planen.
Das Ziel des vorliegenden Artikels ist, das Potenzial der verschiedenen Co-Teaching-Formen genauer zu untersuchen, sodass sie gezielt für den Unterricht eingesetzt werden können. Dafür wird auf das Konzept von Oberflächen- und Tiefenmerkmalen von Unterricht zurückgegriffen. Nach Hildebrandt et al. (2020) sowie Grosche und Moser Opitz (2023) macht es dieses Konzept möglich, das kooperative Unterrichten und dessen Effekte zu fassen. Im Folgenden wird deshalb zuerst geklärt, was unter Oberflächen- und Tiefenmerkmalen zu verstehen ist. Zweitens werden die Co-Teaching-Formen als Oberflächenmerkmale beschrieben. In einem dritten Schritt wird exemplarisch aufgezeigt, welches Potenzial die einzelnen Co-Teaching-Formen aufweisen. Die Forschungsliteratur diskutiert dieses Potenzial oft nur theoretisch. Der vorliegende Artikel bezieht zusätzlich auch Erkenntnisse aus empirischen Studien ein.
Das Konzept von Oberflächen- und Tiefenmerkmalen entstammt der Unterrichtsforschung. Es zielt darauf ab, eine Verbindung zwischen dem Lehren der Lehrpersonen und dem Lernen der Schüler:innen herzustellen (Decristan et al., 2020). Gemäss Hess und Lipowsky (2020) lassen sich Oberflächenmerkmale als «methodisch-organisatorische Gestaltungsmerkmale des Unterrichts» (S. 118) verstehen, wie zum Beispiel die Umsetzung verschiedener Sozialformen. Es sind Organisationsformen, «die nicht auf direktem Weg kognitive Prozesse anregen, aber einen mehr oder weniger geeigneten Rahmen schaffen können, um die Voraussetzungen für die Anregung von Denkprozessen bereitzustellen» (ebd.). Bei den Tiefenmerkmalen wird davon ausgegangen, dass sie «direkt die mentalen Verarbeitungsprozesse der Lernenden adressieren» (ebd.). Deshalb stehen auf der Tiefenebene die Interaktionen der Lehr- und Fachpersonen mit den Schüler:innen sowie deren Auseinandersetzung mit dem Lerninhalt im Fokus. Decristan et al. (2020) verweisen dazu auf die Basisdimensionen von Unterrichtsqualität: Die Forschung zeigt, dass kognitive Aktivierung, konstruktive Unterstützung und Klassenführung das Lernen der Schüler:innen auf der Tiefenebene fördern (Kleickmann et al., 2020).
Reyer (2004) unterscheidet bei den Tiefenmerkmalen die generative von der rezeptiven Funktion. Im Rahmen der Unterrichtsplanung ist die generative Funktion relevant: Lehrpersonen gestalten ausgehend von einem Ziel, das sie auf der Tiefenebene erreichen wollen, die passende Oberfläche (Cook & McDuffie-Landrum, 2019). Dabei bestimmt das Ziel die methodisch-organisatorische Gestaltung des Unterrichts nicht definitiv. Die Lehrpersonen schaffen vielmehr einen Raum, in dem das Ziel erreicht werden kann. Oberflächenmerkmale eignen sich somit unterschiedlich gut, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen (Decristan et al., 2020). Den Versuch, von der Oberflächengestaltung direkt auf einen Effekt bei den Tiefenmerkmalen zu schliessen, bezeichnet Reyer (2004) als rezeptive Funktion der Tiefenmerkmale. Allermeist kann jedoch nicht von einem direkten Zusammenhang zwischen der Unterrichtsgestaltung auf der Oberflächenebene und Effekten bezüglich Tiefenmerkmalen ausgegangen werden (Decristan et al., 2020). Hess und Lipowsky (2020) zeigen jedoch, dass zum Beispiel die Sozialform damit zusammenhängt, auf welchem kognitiven Niveau die Fragen sind, welche die Lehrperson den Schüler:innen stellt: Die Lehrperson stellt im Plenum anspruchsvollere Fragen als in Phasen, in denen die Schüler:innen allein oder in Gruppen arbeiten.
Bisher ist weder empirisch noch theoretisch geklärt, in welchem Verhältnis die Oberflächen- und Tiefenmerkmale stehen (Decristan et al., 2020). Auch für das Co-Teaching von Lehrperson und Schulischen Heilpädagog:innen fehlt bisher eine systematische Diskussion darüber, wie Oberflächen- und Tiefenmerkmale zusammenhängen. Die Diskussion um Oberflächen- und Tiefenmerkmale fokussiert primär auf das Lernen der Kinder. Die erhofften Effekte der Kooperation gehen aber darüber hinaus. Erwartet werden auch Auswirkungen auf die Lehr- und Fachpersonen. Deshalb beleuchtet dieser Artikel die Co-Teaching-Formen als kooperationsbezogene Oberflächenmerkmale.
Co-Teaching meint, dass zwei Personen – eine Lehrperson und eine Schulische Heilpädagogin oder zwei Lehrpersonen – für eine bestimmte Zeit gemeinsam für die Schüler:innen einer Klasse zuständig sind. Es können verschiedene Formen des Co-Teachings unterschieden werden. Co-Teaching umfasst drei Aspekte: Co-Planung, Co-Instruktion und Co-Assessment als gemeinsames Beurteilen (Murawski & Lochner, 2011). Die Co-Teaching-Formen (Friend & Cook, 2010) werden primär für die Co-Instruktion angewendet, die Co-Planung und das Co-Assessment lassen sich jedoch genauso strukturieren. Für das Ziel des vorliegenden Artikels werden die folgenden Formen unterschieden (vgl. Tab. 1):
Co-Teaching-Form | Erklärung | |
1 | One teach – one observe | Eine Person unterrichtet oder bereitet vor, die andere beobachtet. |
2 | One teach – one support | Eine Person unterrichtet oder bereitet vor, die andere unterstützt. |
3 | One teach – one coach | Eine Person unterrichtet oder bereitet vor, die andere coacht. |
4 | Teaming | Beide Personen unterrichten gemeinsam oder bereiten gemeinsam vor. |
5 | Lernprozessbegleitung | Beide Personen unterstützen die Lernprozesse der Schüler:innen während |
6 | Station-Teaching | Beide Personen unterrichten eine Gruppe, eine oder mehrere Gruppen von Schüler:innen arbeiten eigenständig an Aufträgen. Nach einer gewissen Zeit rotieren die Gruppen. |
7 | Paralleles Unterrichten | Beide Personen unterrichten je eine Halbklasse oder bereiten vor. |
8 | Alternatives Unterrichten | Eine Person unterrichtet die Klasse oder bereitet vor, die andere Person |
Diese Co-Teaching-Formen beschreiben Möglichkeiten, wie die Doppelbesetzung organisiert werden kann. Aus diesem Grund sind sie als Oberflächenmerkmale zu betrachten. Für die Planung des Unterrichts ist entscheidend, dass Lehrpersonen und Schulische Heilpädagog:innen eine Co-Teaching-Form wählen, die auf der Tiefenebene den gewünschten Effekt hat.
Es wird erwartet, dass sich Co-Teaching positiv auf die Tiefenebene auswirkt: auf das Lernen und Verhalten der Schüler:innen (Karten & Muraswski, 2020), auf die Inklusion (ebd.) und die Differenzierung (Murawski & Lochner, 2011) sowie die Professionalisierung. Zudem kann Co-Teaching Lehrpersonen entlasten (Hildebrand et al., 2017). Um diese Wirkung zu ermöglichen, müssen Lehrpersonen und Schulische Heilpädagog:innen gezielt die passenden Co-Teaching-Formen einsetzen (Cook & McDuffie-Landrum, 2019) (vgl. generative Funktion der Tiefenmerkmale). Ausgehend von empirischen Studien (vgl. rezeptive Funktion) und theoretischen Überlegungen wird nachfolgend das Potenzial der Co-Teaching-Formen exemplarisch diskutiert.
Für die Co-Planung ist relevant, dass Lehrpersonen und Schulische Heilpädagog:innen Unterrichtssequenzen planen, in denen sie die Basisdimensionen von Unterrichtsqualität (kognitive Aktivierung, Strukturierung, förderliche Unterstützung; Kleickmann et al., 2020) möglichst umsetzen. Dies kann gemeinsam oder arbeitsteilig und in allen Co-Teaching-Formen geschehen. Insbesondere für Lehrpersonen, welche Kinder mit besonderem Förderbedarf unterrichten, bietet es sich an, im Teaming zu planen. Dadurch kann das Lernen dieser Kinder optimiert oder deren Verhaltensregulation vorbesprochen werden (Hildebrandt et al., 2017).
Aus pädagogisch-psychologischer Perspektive sind für die Co-Instruktion zwei Vorgänge wichtig: Die Lehr-/Fachpersonen interagieren mit den Schüler:innen und die Schüler:innen setzen sich mit dem Unterrichtsinhalt auseinander. Die für das Lernen günstigen Basisdimensionen von Unterrichtsqualität können in allen Co-Teaching-Formen umgesetzt werden. Die gemeinsame Lernprozessbegleitung, aber auch das Station-Teaching, das Parallele und Alternative Unterrichten können das Lernen der Schüler:innen zusätzlich fördern, da zwei Erwachsene mehr Schüler:innen individuell adressieren können (Lochner et al., 2019). Die aktive Lernzeit der Schüler:innen ist im Teaming und der gemeinsamen Lernbegleitung höher als im Alternativen Unterrichten, insbesondere bei Kindern mit sozial-emotionalem Förderbedarf (Textor, 2005). One teach – one support ist eine effektive Co-Teaching-Form, wenn sie alle Lernenden unterstützt, die Co-Lehrpersonen die führende Rolle abwechselnd übernehmen und sie evidenzbasierte Praktiken anwenden (Strogilos & King‐Sears, 2019). Alternatives Unterrichten in homogenen Gruppen führt zu guten Lernergebnissen, wenn die Instruktion für spezifische Ziele an die Lernvoraussetzungen der Schüler:innen angepasst wird (Grünke, 2006). Ein letzter Punkt betrifft die Klassenführung: Im Teaming können Lehrpersonen die Prinzipien des Classroom Managements nach Kounin (z. B. Allgegenwärtigkeit) besser umsetzen, als wenn eine Person allein unterrichtet (Lahtz, 2013).
Co-Teaching ist häufig an zwei Erwartungen geknüpft: erstens, dass ein Lerngegenstand besser auf die Schüler:innen abgestimmt werden kann (Karten & Murawski, 2020) und zweitens, dass die Förderziele von Kindern mit besonderem Bildungsbedarf grundlegend in den Klassenunterricht einbezogen werden (Cook & McDuffie-Landrum, 2019).
Bei der Co-Planung im Teaming sind vermehrt ko-konstruktiv individualisierende und personalisierte Lernsettings vorgesehen (Stebler et al., 2021), als wenn jede Person individuell plant. Nach Lütje-Klose et al. (2018) haben Schulen mit hohen Leistungswerten für Schüler:innen mit Förderbedarf Lernen «ein hohes Maß an […] gemeinsam entwickelten Konzepten zur adaptiven Unterrichtung und Förderung von Kindern mit heterogenen Eingangsvoraussetzungen» (S. 115).
Bei der Co-Instruktion ist die Co-Teaching-Form nicht relevant für die Adaptivität der individuellen Lernbegleitung. Station Teaching, Alternatives und Paralleles Unterrichten haben jedoch ein besonderes Potenzial, um Lernangebote zu differenzieren (Cook & McDuffie-Landrum, 2019). In der gemeinsamen Lernbegleitung können durch die kleine Lehrpersonen-Schüler:innen-Ratio mehr Schüler:innen in der gleichen Zeit begleitet werden.
Co-Teaching kann die fachlichen und überfachlichen Kompetenzen der Schüler:innen fördern. Gleichzeitig kann es sich auch positiv auf die Teilhabe auswirken. Laut Fluijt et al. (2016) erhöht die Co-Planung im Teaming, wenn Lehr- und Fachpersonen gemeinsam reflektieren, die Sensibilität für Inklusion und sie erweitert das Verständnis von Inklusion, sodass nicht nur Kinder mit Förderbedarf im Fokus stehen. Die geteilten inklusiven Werte, die Lütje-Klose et al. (2018) in ko-konstruktiven Planungssequenzen nachzeichnen konnten, gehen einher mit «kollektiv verfolgten didaktisch-methodischen Prinzipien, die das inklusionspädagogische Spannungsfeld von Individualisierung und Herstellung von Gemeinsamkeit […] gezielt aufnehmen» (S. 115). Cook und McDuffie-Landrum (2019) schlagen vor, dass Lehrpersonen wann immer möglich in der ganzen Klasse Inhalte vermitteln und Methoden anwenden sollen, wenn diese für alle Schüler:innen adaptiert werden können. Wenn ein Inhalt oder eine Methode nur für bestimmte Kinder passt, sollen sie eher das Station-Teaching wählen. Da in diesem Setting der Inhalt eins von mehreren differenzierten Angeboten ist, ist der Unterricht inklusiver, als wenn diese Kinder im Alternativen Unterrichten von der Klasse separiert werden.
Bei der Co-Instruktion sind Co-Teaching-Formen zielführend, die die Besonderung einzelner Kinder verhindern. Weiss und Lloyd (2002) finden diesen Effekt beim Teaming. Auch Wiener und Tardiff (2004) zeigen, dass Kinder mit klassenintegrierter Förderung engere Freundschaften aufbauen und weniger Verhaltensprobleme haben als Kinder in separativen Settings.
Professionalisierung bedeutet, dass die Lehrenden ihr Wissen, ihre Kompetenzen und ihre Haltungen weiterentwickeln. Diese Weiterentwicklung wird durch Austausch, Reflexion und Ko-Konstruktion angeregt. Die Forschung betont insbesondere den Wert von Ko-Konstruktion: «Kokonstruktion erkennt man an zyklischen, intensiven und interdependenten Aushandlungen und Reflexionen der Innovation und ihrer Konkretisierungen» (Grosche et al., 2020, S. 467).
Besonders die Co-Planung kann zur Professionalisierung beitragen, wenn Lehr- und Fachpersonen im Teaming planen und reflektieren (Hildebrandt et al., 2017). Auch Fluijt et al. (2016) weisen darauf hin, dass die Nachbearbeitung und die gemeinsame Reflexion des gehaltenen Unterrichts beziehungsweise das gegenseitige Feedback zum Unterricht wichtig sind. Grosche et al. (2020) vermuten, dass die intensivere Auseinandersetzung mit Fragen zu Unterricht und Lernen zu professionellerem Handeln führt.
Bei der Co-Instruktion sind Co-Teaching-Formen hilfreich, bei denen die Lehrpersonen in einen gemeinsamen Handlungsstrang involviert sind. So können sie entweder voneinander lernen oder die gemeinsamen Erfahrungen gemeinsam reflektieren (Park et al., 2007). Roth und Tobin (2005) zeichnen in ihren Studien detailliert nach, wie Lehrpersonen während des Teamings voneinander Handlungskompetenzen übernehmen.
Aus verschiedenen Studien lässt sich darauf schliessen, dass ko-konstruktive und arbeitsteilige Co-Teaching-Formen Lehrpersonen entlasten können. In der Co-Planung geschieht dies durch das Teaming, das heisst die gemeinsame Vorbereitung: Luder (2021) zeigt, dass sich Lehrpersonen, die sich intensiv über ihre Klasse austauschen, weniger überfordert fühlen. Das bedeutet: Wer vermehrt ko-konstruktiv zusammenarbeitet, spürt eine geringere unterrichtsbezogene Belastung (ebd.). Allerdings weisen Grosche et al. (2020) darauf hin, dass die Entlastung bei intensiven Kooperationsformen erst nach einer gewissen Zeit zu erwarten ist.
In der Co-Instruktion wirken Co-Teaching-Formen entlastend, die es den Lehrpersonen erlauben, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen (Hildebrandt et al., 2017). Dies kann primär im Teaming und in der gemeinsamen Lernbegleitung geschehen, aber auch im Station Teaching oder je nach Umsetzung auch im Parallelen Unterrichten.
Co-Teaching-Formen als Oberflächenmerkmale haben jeweils bestimmte Eigenschaften, die zu gewissen Effekten auf der Tiefenebene führen, diese ermöglichen oder einschränken. Entsprechend sollten Lehrpersonen und Schulische Heilpädagog:innen für die Co-Planung und die Co-Instruktion zielorientiert diejenigen Co-Teaching-Formen umsetzen, die auf das Ziel beziehungsweise die zu bearbeitende Aufgabe abgestimmt sind. Da viele Einschätzungen zum Potenzial der einzelnen Co-Teaching-Formen auf theoretischen Überlegungen beruhen, scheint es notwendig, diese durch weitere empirische Studien zu verifizieren und zu differenzieren.
Dr. Bea Zumwald Pädagogische Hochschule St. Gallen |
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