Schüler:innen im Autismus-Spektrum

Situationsanalyse und Empfehlungen der Fachberatungen «Autismus und Schule» zur schulischen Förderung von Lernenden im Autismus-Spektrum

Carmen Furrer-Blatter, Manuela Tschopp-Roth, Sarah Winkler und Andreas Eckert

Zusammenfassung
Als Mitglieder eines Netzwerkes von (heil-)pädagogischen Beratungsstellen, die sich spezifisch der schulischen Förderung von Lernenden im Autismus-Spektrum widmen, beleuchten wir die aktuelle Situation in der Deutschschweiz. Dabei zeigen wir gegenwärtige Herausforderungen und den daraus resultierenden Handlungsbedarf. Im Anschluss formulieren wir Empfehlungen für eine Optimierung der schulischen Förderung für Lernende im Autismus-Spektrum. Wir konkretisieren unsere Empfehlungen anhand von Praxisbeispielen aus zwei kantonalen Beratungsstellen. Wir haben den Beitrag nach einem intensiven Austauschprozess und in kontinuierlicher Absprache mit den Leitungspersonen von zehn am Ende dieses Beitrags aufgelisteten Beratungsstellen verfasst.

Résumé
En qualité de membres d'un réseau de centres de consultation en pédagogie (spécialisée) qui se consacrent spécifiquement au soutien scolaire des apprenants présentant des troubles du spectre de l'autisme (TSA), nous profitons de cet article pour dresser un portrait de la situation actuelle en Suisse alémanique. Nous mettons en évidence les défis actuels ainsi que la nécessité d'agir qui en découle. Nous formulons ensuite des recommandations en vue d'optimiser le soutien scolaire destiné aux apprenantes et apprenants présentant des TSA. Nous concrétisons nos recommandations à l'aide d'exemples pratiques issus de deux centres de consultation cantonaux. Nous avons rédigé cet article à l'issue d'un processus d'échange soutenu et en concertation constante avec les responsables de dix centres de consultation répertoriés à la fin de cet article.

Keywords: Autismus-Spektrum-Störung (ASS), Schule, Förderung, Diagnose, Beratung / trouble du spectre de l'autisme (TSA), école, encouragement, diagnostic, orientation

DOI: https://doi.org/10.57161/z2024-07-04

Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, Jg. 30, 07/2024

Creative Common BY

Einleitung

Die Gestaltung einer bestmöglichen schulischen Förderung von Kindern und Jugendlichen im Autismus-Spektrum wirft gegenwärtig aus den verschiedenen involvierten Perspektiven viele Fragen auf. Schulbehörden, Schulleitungen und Lehrpersonen bemühen sich in der Regel sehr um die Bereitstellung adäquater Lernsettings im Einzelfall. Trotzdem treffen weiterhin zahlreiche Lernende zum einen auf ein begrenztes Verständnis ihrer Bedürfnisse, zum anderen auf wenig förderliche Rahmenbedingungen. Eltern suchen teils über lange Zeiträume nach der passenden Schule für ihr Kind. Schulwechsel und Schulabsentismus sind dabei keine Seltenheit. Lehrpersonen äussern immer wieder, dass sie sich sehr gefordert, teils überfordert fühlen.

Dieser Beitrag verfolgt das Ziel, auf die aktuelle Situation hinzuweisen, für spezifische Bedürfnisse und den vorhandenen Handlungsbedarf zu sensibilisieren und den Weg zu einer optimierten schulischen Förderung von Lernenden im Autismus-Spektrum aufzuzeigen. Auf der einen Seite sollen Kinder und Jugendliche im Autismus-Spektrum ein schulisches Umfeld mit wertschätzender Akzeptanz erleben, in dem ihre individuellen Bedürfnisse wahrgenommen werden und sie die Möglichkeit erhalten, ihr Potenzial zu entfalten. Auf der anderen Seite sollen schulische Fachpersonen angemessene Rahmenbedingungen antreffen und befähigt werden, das Umfeld passend zu gestalten und im Einzelfall benötigte Anpassungen oder Unterstützungen adäquat anzubieten.

Die folgenden Ausführungen basieren auf aktuellen politischen Entwicklungen, dem wissenschaftlichen Fachdiskurs und auf den umfangreichen praktischen Erfahrungen aus den Beratungsstellen.

Aktuelle Situation

Der Bericht «Autismus Spektrum-Störungen» des Bundesrates aus dem Jahr 2018 kann als eine richtungsweisende Sammlung von Empfehlungen zur Verbesserung der Situation von Kindern und Jugendlichen im Autismus-Spektrum in der Schweiz bezeichnet werden. Dem Bericht zugrunde liegen eine breite wissenschaftliche Analyse des Fachdiskurses und der Situation in der Schweiz (Eckert et al., 2015) sowie eine Diskussion der dort formulierten Empfehlungen durch eine Expert:innenkommission der zuständigen Kostenträger.

Zum Themenfeld Schule formuliert der Bericht des Bundesrates (2018) primär die Förderung der schulischen Integration, unter anderem durch eine «adäquate und ausreichende schulische Unterstützung der Kinder durch Fachpersonen, die für autismusspezifische Besonderheiten geschult sind», die «Weiterbildung und Unterstützung (Coaching) für Fachpersonen» und die «ausreichende Information und Sensibilisierung aller betroffenen Parteien» (ebd., S. 30). Für den geschützten Bereich unter anderem in der Sonderschule wird ebenfalls eine Verbesserung der aktuellen Angebote empfohlen, zum einen durch die «Anpassung der bestehenden Angebote an die Bedürfnisse der Menschen mit ASS», zum anderen durch die «Unterstützung (Coaching, Intravision, Supervision) für Fachpersonen und Institutionen» (ebd., S. 37).

In den letzten Jahren sind bereits zahlreiche Projekte zur Verbesserung der schulischen Förderung von Lernenden im Autismus-Spektrum entstanden. Teils nehmen diese explizit Bezug auf den Bericht des Bundesrates, teils folgen sie unabhängig von diesem den allgemeinen Integrationsbestrebungen sowie dem Fachdiskurs einer Pädagogik bei Autismus. So haben Kantone und Gemeinden autismusspezifische Beratungs- und Coachingangebote implementiert, in die Professionalisierung von Lehrpersonen investiert und/oder die Erweiterung von Autismuskompetenzen in Schulteams gefördert. Dabei lassen sich grosse regionale Unterschiede beobachten, insbesondere hinsichtlich des Umfangs der Professionalisierungsmöglichkeiten und der Zugänglichkeit der Beratungsangebote.

Als weitere relevante Entwicklung der letzten Jahre lässt sich die Zunahme der Autismusdiagnosen im Schulalter benennen. Diese scheint sich auf die aktuelle Situation der schulischen Förderung von Lernenden im Autismus-Spektrum auszuwirken. Erklärt wird die Zunahme insbesondere durch eine erweiterte gesellschaftliche Aufklärung über Autismus, den Zuwachs an autismusspezifischem Fachwissen und den damit verbundenen verbesserten Diagnostikangeboten. Parallel nehmen komorbide Störungen, Schulabsentismus und ambulante oder stationäre Aufenthalte in Kliniken von Lernenden im Autismus-Spektrum zu. Der im schulischen Kontext deutlich spürbare Fachkräftemangel (u. a. Lehrpersonen, Heilpädagog:innen) bringt schliesslich zusätzliche Herausforderungen für die Professionalisierung der Angebote für Lernende im Autismus-Spektrum mit sich.

Zusammenfassend können wir festhalten, dass sich auf der einen Seite Wissen und Kompetenzen zur schulischen Förderung von Lernenden im Autismus-Spektrum in den letzten Jahren deutlich erweitert haben. In der Fachliteratur liegen zahlreiche konkrete Handlungsempfehlungen für den schulischen Alltag vor. In der Schullandschaft sind viele Modelle guter Praxis entstanden (Eckert, 2022). Viele Kantone, Gemeinden und Schulen befinden sich auf dem Weg zu einer autismusfreundlichen Schule. Auf der anderen Seite ergeben sich vielfältige Herausforderungen: aufgrund der vielerorts lückenhaften Umsetzung der Empfehlungen des Bundesratsberichtes, der wachsenden Aufmerksamkeit für diese Zielgruppe und aufgrund der Anforderungen, die Schulen aktuell zu bewältigen haben.

Herausforderungen und Handlungsbedarf

In der Beratungspraxis sowie im fachlichen Austausch mit Lehrpersonen, Schulleitungen und Eltern begegnen uns wiederholt vergleichbare Themen und Fragestellungen zur schulischen Förderung von Lernenden im Autismus-Spektrum. Folgend möchten wir die zentralen Aspekte skizzieren, um mögliche Herausforderungen und den daraus ableitbaren Handlungsbedarf konkret aufzuzeigen. Im Vordergrund steht dabei die angestrebte Bereitstellung unterstützender Rahmenbedingungen für die Lernenden, die Lehrpersonen und die Eltern der Kinder.

  1. Die autismusspezifische Qualifizierung von schulischen Fachpersonen (Lehrpersonen, Heilpädagog:innen, Therapeut:innen) und Betreuungspersonen (u. a. Klassenassistenzen) erscheint mancherorts nicht ausreichend, um eine adäquate schulische Förderung von Lernenden im Autismus-Spektrum zu ermöglichen.
  2. Autismusspezifische Beratungs- und Coachingsangebote, die im Einzelfall im Schulhaus fehlende Kompetenzen weitgehend ausgleichen können, sind nicht überall niederschwellig zugänglich, nicht (ausreichend) vorhanden oder werden nicht genutzt.
  3. Eine aus den unterschiedlichen Gründen fehlende schulinterne oder externe autismusspezifische Unterstützung kann im Einzelfall massgeblich entscheidend sein für den Wechsel der Schulform, unter anderem von der Regelschule in eine Sonder- oder Privatschule.
  4. Die unseres Erachtens bedeutsame Aufklärung über und die Sensibilisierung für die Besonderheiten des Wahrnehmens und Denkens von Lernenden im Autismus-Spektrum kommt im schulischen Umfeld vielerorts zu kurz, sowohl innerhalb des Schulteams als auch für die Gruppe der Gleichaltrigen. Dies wiederum erschwert vielfach die Akzeptanz der Lernenden mit ihren individuellen Charakteristika.
  5. Es gibt Möglichkeiten, schulische Strukturen autismusspezifisch anzupassen, zum Beispiel durch Nachteilsausgleiche, flexible Stundenplangestaltungen oder hybride Lernformen. Über solche Möglichkeiten besteht an vielen Schulen eine grosse Unsicherheit.
  6. Vielerorts fehlen eindeutig geregelte Prozesse, Zuständigkeiten und Kooperationen für den Fall einer erschwerten Suche nach einem zu den individuellen Bedürfnissen passenden Schulplatz – sowohl bei der Einschulung als auch bei einem Schulwechsel.
  7. Angebote zur Förderung individueller Fähigkeiten (u. a. sozialer Kompetenzen, exekutiver Funktionen) sowie eine begleitete, wertschätzende Auseinandersetzung mit den eigenen Bedürfnissen und Besonderheiten sind im schulischen Kontext vielfach nicht vorgesehen.
  8. Bei einzelnen Lernenden im Autismus-Spektrum treten Überforderungen, Stresserfahrungen, Krisen und teils damit verbundene Schulabsenzen auf. Diese werden vielerorts unzureichend hinsichtlich ihrer Entstehungszusammenhänge analysiert und als Anlass für mögliche Anpassungen genutzt.
  9. Die Innenperspektive von Lernenden im Autismus-Spektrum – als Grundlage eines verbesserten gegenseitigen Verständnisses sowie für partizipative Entscheidungsfindungen – wird vielfach vernachlässigt.
  10. Übergänge zwischen verschiedenen Schulstufen – vom Kindergarten bis zur Oberstufe beziehungsweise Sekundarstufe II – werden vielfach nicht ausreichend autismusspezifisch vorbereitet und gestaltet.
  11. Der Prozess der Berufsfindung und -vorbereitung ist für viele Jugendliche im Autismus-Spektrum eine grosse Herausforderung. An vielen Schulen werden autismusspezifische Aspekte zu wenig berücksichtigt.
  12. Eltern von Lernenden im Autismus-Spektrum fühlen sich vielfach nicht als Kooperationspartner:innen auf Augenhöhe und nicht als Expert:innen für ihr Kind wahrgenommen.

Was empfehlen wir?

Aus der vorangehenden Aufzählung leiten wir konkrete Handlungsempfehlungen ab. Wir empfehlen jeder Schule, die zwölf genannten Punkte zu überprüfen. Diese Reflexion kann bereits umgesetzte Gelingensfaktoren und Ressourcen ausweisen und den Handlungsbedarf verdeutlichen. Darüber hinaus zielen die folgenden Punkte auf eine übergeordnete, schulorganisatorische Ebene ab. Unsere Empfehlungen richten sich an die Schulpolitik auf der Ebene von Schulgemeinden und Kantonen.

Um eine angemessene Qualität schulischer Förderung von Lernenden im Autismus-Spektrum zu erreichen, sollten unseres Erachtens die folgenden Aspekte betrachtet werden. Wie diese praktisch umgesetzt werden können, konkretisieren wir exemplarisch mit Beispielen aus den kantonal beauftragten Fachberatungen in Luzern und dem Oberwallis.

  1. Schulgemeinden beziehungsweise Kantone nehmen die besondere Situation und die Bedürfnisse von Lernenden im Autismus-Spektrum über die gesamte Schulzeit wahr. Sie thematisieren, analysieren und reflektieren diese, um gewonnene Erkenntnisse in die weitere Qualitätsentwicklung einzubeziehen.

Der Fachdienst Autismus Luzern bietet dem schulischen und familiären Umfeld der Lernenden im Autismus-Spektrum von Beginn des Kindergarteneintritts bis zum Ende der Schulzeit niederschwellige Beratungs- und Unterstützungsangebote an. Die Mitarbeitenden des Fachdienstes können einzelne Lernende und ihr Umfeld bei Bedarf über einen langen Zeitraum begleiten, somit veränderte Bedürfnisse wahrnehmen und die gewonnenen Erfahrungen für eine Weiterentwicklung ihrer Angebote nutzen.

  1. Schulgemeinden beziehungsweise Kantone koordinieren die Suche eines individuell passenden schulischen Förderortes. Die weitestmögliche Partizipation aller Beteiligten (Lernende, Eltern, Fachpersonen) und die Einbeziehung individueller, flexibler, möglicherweise unkonventioneller Lösungen sollten dabei berücksichtigt werden.

Beginnend mit der ersten Kontaktaufnahme zu den Fachberatungen in Luzern und im Oberwallis – teils bereits vor dem Schuleintritt, überwiegend während des bereits erfolgenden Schulbesuches – wird der aktuelle beziehungsweise vorgesehene schulische Förderort auf seine Autismusfreundlichkeit und einen bestehenden Optimierungsbedarf hin analysiert. In Gesprächen mit schulischen Fachpersonen, den Eltern und gegebenenfalls den Lernenden werden die bestehenden Optionen betrachtet und im Einzelfall individuelle Anpassungen der Lernsettings besprochen.

  1. Schulgemeinden beziehungsweise Kantone koordinieren die Gestaltung von Übergängen zwischen verschiedenen Schulstufen und in die berufliche Integration. Die Partizipation aller Beteiligten und die Berücksichtigung individueller Wege (s. o.) haben auch hier einen hohen Stellenwert.

Beide Fachberatungen begleiten sowohl reguläre Übergänge zwischen Schulstufen oder von der Sekundarstufe in die Ausbildung als auch aussergewöhnliche Übergänge zwischen verschiedenen Schulen oder Schulformen (z. B. von der Integration in die Separation). Der Wissensstand der vorherigen und der aktuellen Schule wird eruiert und als Grundlage für eine bestmögliche Vorbereitung des Übergangs genutzt. Zudem werden die Lernenden und ihre Eltern aktiv in diesen Prozess und mögliche Entscheidungen einbezogen. Dabei wird besonders fokussiert, welche Unterstützungsmassnahmen sich bewährt haben und welche individuellen Ressourcen die einzelnen Lernenden mitbringen.

  1. Schulgemeinden beziehungsweise Kantone formulieren für ihre Schulen konkrete Handlungsspielräume, in denen individuell notwendig erscheinende Anpassungen im Schulalltag erfolgen können, um den involvierten Fachpersonen Sicherheit im eigenen Handeln zu bieten.

Der Kanton Wallis (2018) arbeitet mit dem Dokument «Handlungsspielräume zur schulischen Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Autismus-Spektrum-Störungen». In diesem Dokument sind explizit mögliche Massnahmen festgehalten, welche Lehrpersonen und Schuldirektionen in Absprache mit den Lernenden und ihren Eltern einsetzen können, um ein individuell passendes Lernsetting für die einzelnen Lernenden bereitstellen zu können. Die Handlungsspielräume umfassen beispielsweise Anpassungen des Stundenplans, der Pausenregelungen oder der Lernformen.

  1. Schulgemeinden beziehungsweise Kantone stärken die Sensibilisierung für die besonderen Bedürfnisse von Lernenden im Autismus-Spektrum.

In Kooperation mit den Fachberatungen bieten sowohl der Kanton Luzern als auch der Kanton Wallis an ihren Pädagogischen Hochschulen hoch frequentierte Informationsveranstaltungen und Weiterbildungen für Heilpädagog:innen, Regellehrpersonen und Klassenassistenzen an. Diese klären über Autismus auf und informieren über die Gelingensfaktoren der schulischen Förderung der Lernenden im Autismus-Spektrum. Darüber hinaus gehören Sensibilisierungs-, Weiterbildungs- und Infoveranstaltungen für Schulen und Fachdienste zur Angebotspalette beider Fachberatungen.

  1. Schulgemeinden beziehungsweise Kantone koordinieren den interdisziplinären Austausch aller in die schulische Förderung involvierter Fachpersonen.

Die Fachberatungen haben in Bezug auf die schulische Förderung den Auftrag, alle in die Begleitung und Förderung der Lernenden im Autismus-Spektrum involvierten Fachpersonen zu vernetzen. Der interdisziplinäre Austausch mit schulexternen Fachpersonen aus den Disziplinen Therapie, Medizin und soziale Arbeit wird als wichtig erachtet und so weit wie im Einzelfall möglich angestrebt.

  1. Schulgemeinden beziehungsweise Kantone gewährleisten einen niederschwelligen Zugang und ausreichend Ressourcen für
    • autismusspezifische Beratungen von Fachpersonen und Betreuungspersonen,
    • autismusspezifische Weiterbildungen und Qualifizierungen von Fachpersonen und Betreuungspersonen,
    • individuelle, bedarfsabhängige (sonder-)pädagogische und therapeutische Unterstützungsmassnahmen im schulischen Kontext,
    • autismusspezifische Elternberatungen im schulischen Kontext und
    • Kriseninterventionen beim Auftreten akuter Herausforderungen.

Die Angebote der beiden Fachberatungen adressieren sowohl Fachpersonen als auch Eltern. Die umfangreiche Angebotspalette umfasst langfristige Begleitungen der Fachpersonen und des familiären Umfeldes ebenso wie zeitlich begrenzte Professionalisierungsangebote für Lehr- und Betreuungspersonen oder akute Kriseninterventionen. Das dem Fachdienst Autismus Luzern zur Verfügung stehende Stundenkontingent von bis zu 50 Stunden pro Lernende und Schuljahr wird in diesem Sinne individuell, bedarfsabhängig und flexibel eingesetzt.

  1. Schulgemeinden beziehungsweise Kantone dokumentieren und evaluieren die Entwicklung von Angeboten und des Bedarfs der schulischen Förderung von Lernenden im Autismus-Spektrum.

Der Fachdienst Autismus Luzern dokumentiert seit seinem Tätigkeitsbeginn im August 2018 sowohl den angemeldeten Bedarf als auch alle durchgeführten Leistungen. Die Statistiken werden in regelmässigen Abständen evaluiert und dem Kanton rückgemeldet, der diese als Grundlage für die Entscheidung zur Weiterentwicklung der Angebote nutzt. Darüber hinaus führt der Fachdienst in grösseren Abständen Befragungen der involvierten Adressat:innen (Fachpersonen, Eltern) durch. Basierend auf diesen Evaluationen wurde das Angebot personell von 120 zugewiesenen Stellenprozenten zum Tätigkeitsbeginn auf mehr als 600 Stellenprozenten zu Beginn des Jahres 2024 erweitert.

Darüber hinaus unterstützen wir auf der übergeordneten Ausbildungsebene die Empfehlung des Bundesrates (2018), «[a]utismusspezifische Module in Lehrpläne der Grundausbildung aller involvierten Berufskategorien [zu] integrieren» (S. 40). Dies sollte unseres Erachtens die Ausbildungsgänge aller in die schulische Förderung einbezogenen Fachpersonen, unter anderem Lehrpersonen, Heilpädagog:innen und Therapeut:innen einschliessen, wenngleich je nach Zuständigkeit in unterschiedlicher Intensität.

Mit diesen Empfehlungen möchten wir, das Autor:innenteam, gemeinsam mit den weiteren Mitgliedern des Netzwerks der Beratungsstellen zum Thema «Schule und Autismus» einen Beitrag für eine zukünftige Optimierung der schulischen Förderung von Lernenden im Autismus-Spektrum leisten. In den Prozess der Beitragsformulierung involviert waren die folgenden Beratungsstellen:

ASS Beratung im Kinderdorf Leuk: https://www.kinderdorf-leuk.ch/angebot-ass-beratung

autismus schweiz – Beratungsstelle: https://www.autismus.ch/as.html

Beratungsstelle Autismus Kanton Solothurn (BASO): https://zksk.ch/angebote/beratungsstelle-autismus/

Beratungsstelle Stiftung Kind & Autismus Urdorf: https://kind-autismus.ch/beratung-und-unterstuetzung

Fachdienst Autismus Luzern: https://volksschulbildung.lu.ch/syst_schulen/ss_ffs/Fachdienst_Autismus

Fachgruppe ASS des Pädagogischen Fachzentrums Stadt Zürich (PFZ): https://www.stadt-zuerich.ch/schulen/de/skb/beratung-unterstuetzung.html

Fachstelle Autismus (ASS) am Heilpädagogischen Zentrum Hagendorn: https://hzhagendorn.ch/weiterbildung_beratungen/fachstellen/

Fachstelle Autismus an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik Zürich: https://www.hfh.ch/fachstellen/autismus

Fachstelle Autismus-Spektrum des Heilpädagogischen Zentrums Frauenfeld: https://www.schulen-frauenfeld.ch/p43017831.html

Fachzentrum Autismus (vMiS) Kanton Schwyz: https://www.sz.ch/bildungsdepartement/amt-fuer-volksschulen-und-sport/sonderpaedagogik/sonderschulung/autismusspektrumsstoerung.html/8756-8758-8802-9466-9467-11595-11598-11685

Carmen Furrer-Blatter

Fachperson Autismus in den Regel- und Sonderschulen im Oberwallis

Dozentin an der Pädagogischen Hochschule Wallis PH-VS

carmen.furrer-blatter@hepvs.ch

Manuela Tschopp-Roth

Leitung Fachdienst Autismus Kanton Luzern

Fachstelle für Früherziehung und Integrative Sonderschulung FFS

manuela.tschopp@lu.ch

Sarah Winkler

Leitung Fachzentrum

Autismus verstärkte Massnahmen im integrativen Setting Kanton Schwyz

sarah.winkler@hza.sz.ch

Prof. Dr. Andreas Eckert

Professor für Kommunikation und Partizipation bei Autismus

Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik Zürich

andreas.eckert@hfh.ch

Literatur

Bundesrat (2018). Bericht Autismus-Spektrum-Störungen. Massnahmen für die Verbesserung der Diagnostik, Behandlung und Begleitung von Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen in der Schweiz. https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/publikationen-und-service/berichte-gutachten/bundesratsberichte.html

Eckert, A., Liesen, C., Thommen, E. & Zbinden Sapin, V. (2015). Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene: Frühkindliche Entwicklungsstörungen und Invalidität. Bericht zur Beantwortung eines Postulates. Bundesamt für Sozialversicherungen. https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/publikationen-und-service/forschung/forschungspublikationen.exturl.html?lang=de&lnr=08/15#pubdb

Eckert, A. (Hrsg.) (2022). Autismus in Kindheit und Jugend. Grundlagen, Praxis und Perspektiven der Begleitung und Förderung in der Schweiz (2. Aufl.). Edition SZH/CSPS.

Kanton Wallis – Department für Volkswirtschaft und Bildung (2021). Handlungsspielräume zur schulischen Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Autismus-Spektrum-Störungen (unveröffentlichtes Dokument).