Sonder- und Heilpädagogik in der Ausbildung für Lehrpersonen auf der Sekundarstufe I

Angebote an den Pädagogischen Hochschulen der deutschsprachigen Schweiz

Janine Gut, André Kunz und Bruno Zobrist

Zusammenfassung
Gesellschaftliche und bildungspolitische Entwicklungen tragen dazu bei, dass Themen der Sonderpädagogik immer wichtiger werden für die Sekundarstufe I. Ein Weg, sonderpädagogische Expertisen auf der Sekundarstufe I zu stärken, ist die Verankerung von sonder- und heilpädagogischen Inhalten in der Ausbildung der Lehrpersonen. Im Sinne eines Überblicks stellt der vorliegende Beitrag dar, inwiefern und wie dies bereits umgesetzt wird in den Ausbildungen für Lehrpersonen auf Sekundarstufe I an den Pädagogischen Hochschulen der Deutschschweiz.

Résumé
Les évolutions de la société et des politiques éducatives contribuent à ce que les enjeux de la pédagogie spécialisée prennent de plus en plus d'importance au niveau du secondaire I. Un moyen de renforcer les compétences des professionnelles et professionnels concernés est d'ancrer des contenus de pédagogie spécialisée dans la formation des enseignantes et enseignants. Dans le but de donner une vue d'ensemble, cet article présente dans quelle mesure et comment cela est déjà mis en œuvre dans les formations du corps enseignant du secondaire I au sein des Hautes écoles pédagogiques de Suisse alémanique.


Keywords: Schulische Heilpädagogik, Sonderpädagogik, Inklusion, Sekundarstufe I, Lehrperson, Ausbildung, Hochschule / enseignement spécialisé, pédagogie spécialisée, inclusion, degré secondaire I, corps enseignant, formation, Haute école

DOI: https://doi.org/10.57161/z2024-05-03

Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, Jg. 30, 05/2024

Creative Common BY

Einleitung

Die Sekundarstufe I (Sek I) ist entscheidend für die zukünftigen Bildungschancen von Lernenden. Es geht dabei nicht nur darum, Jugendliche mit besonderem Bildungsbedarf zu unterstützen. Es geht gleichermassen darum, leistungsstarke Jugendliche zu fördern sowie alle Schüler:innen im Übergang in die Sekundarstufe II zu begleiten. «Um die Zunahme der Separation beim Übergang von der Primarstufe in die Sekundarstufe zu reduzieren, braucht es eine spezifische Ausbildung in Sonderpädagogik für die Sekundarstufe» (Lanners, 2020, S. 57f.). Ein vermehrter Bedarf an sonderpädagogischen Kompetenzen auf der Sek I ist anerkannt (Walt, Peter & Lienhard, 2017). Die Ausbildungsinstitutionen können diesem Bedarf nachkommen, indem sie einerseits Lehrpersonen, andererseits Schulische Heilpädagog:innen (SHP) qualifizieren, die auf der Stufe Sek I erfolgreich agieren können.

Sonderpädagogische Expertise auf der Stufe Sek I stärken

In Bezug auf die Ausbildung besteht die anspruchsvolle Situation, dass sowohl die Qualifikation von Lehrpersonen der Sek I sowie diejenige von SHP auf Masterstufe erfolgt. Anders als auf Kindergarten- und Primarstufe besteht damit systemisch wenig Anreiz, beide Abschlüsse zu erwerben. Zudem herrscht sowohl bei den Lehrpersonen wie auch bei den SHP ein Fachkräftemangel (Kronenberg, 2021). Pädagogische Hochschulen (PHs) können inklusions- und sonderpädagogische Expertise auf dieser Stufe stärken, indem sie sonder- und heilpädagogische Inhalte innerhalb der Regelausbildungen von Lehrpersonen der Sek I umfassender verankern. Zudem ermöglichen die PHs meist eine Vertiefung oder gar Studienanteile im Umfang einer Fachausbildung, die bei einem weiteren Studium mit Abschluss Master SHP angerechnet werden. Dies stärkt die Durchlässigkeit von der Regelausbildung Sek I in die Schulische Heilpädagogik und macht ein EDK[1]-anerkanntes Diplom mit Master SHP attraktiver – auch für junge Lehrpersonen, die bereits über einen Masterabschluss auf Sek I verfügen.

Die PHs sind gefordert, eine Ausbildung für Lehrpersonen auf der Stufe Sek I zu gestalten, welche die Studierenden angemessen darauf vorbereitet, ihren Unterricht inklusiv zu gestalten und mit den damit verbundenen Herausforderungen umzugehen (Greiten et al., 2017). Relevante Hinweise, um dies erfolgreich umsetzen zu können, liefern zum Beispiel die Arbeitsgruppe Heilpädagogik der COHEP (2008) oder die Europäische Agentur für sonderpädagogische Förderung und inklusive Bildung (2022). 

Angebote an Pädagogischen Hochschulen in der Deutschschweiz 

Der vorliegende Artikel zeigt auf, ob und wie sonderpädagogische Inhalte in der Ausbildung der Sek I verankert sind.[2] Zudem zielt er darauf ab, den Diskurs zum Fachkräftemangel (mit Fokus auf SHP) auf der Stufe Sek I anzuregen. Verantwortliche dieser Studienangebote an den PHs haben sich im Jahr 2023 in einem Netzwerk organisiert und geben nachfolgend in kurzen Porträts einen Einblick in die Ausbildung von Regellehrpersonen Sek I an ihrem Standort. Die Struktur der einzelnen Kurzporträts gliedert sich in drei Teile:

  1. Verortung von sonderpädagogischen Themen in obligatorischen (Grund-)Modulen für alle Studierenden;
  2. Art der Wahlmöglichkeit: Vertiefung, Wahlbereich, Sonderpädagogik im Umfang eines vierten Fachs;
  3. Anschlussmöglichkeiten und Anrechenbarkeiten von erworbenen Kreditpunkten (ECTS) bei einem weiteren Studium Master SHP.

Über das Netzwerk:

Im Jahr 2023 haben Verantwortliche verschiedener PHs für sonderpädagogisch ausgerichtete Studienangebote auf der Stufe Sek I begonnen, sich zu einem Netzwerk zusammenzuschliessen. Dieses Netzwerk ist im Aufbau und hat zum Ziel, Austausch, Vernetzung und Entwicklungen zum Thema Sonderpädagogik auf der Stufe Sek I gemeinsam zu stärken.

Pädagogische Hochschulen mit Anrechnungsmöglichkeit für einen Master SHP

Sonderpädagogik an der PHBern

In allen Studiengängen der Sek I fliessen sonderpädagogische Inhalte in das Lernangebot ein. Diese sind mit dem Label «Inklusion und Heterogenität» ausgewiesen. Zudem gibt es im Masterstudium ein Modul «Inklusion und Heterogenität» im Umfang von 5 ECTS-Punkten.

Möchten sich die Studierenden vertiefter mit sonderpädagogischen Themen auseinandersetzen, haben sie im integrierten Bachelor-Masterstudiengang die Möglichkeit, den Master mit einer heilpädagogischen Ausrichtung zu absolvieren. Bei diesem Master «S1+» erbringen sie 30 ECTS-Punkte am Institut für Heilpädagogik in den Bereichen Allgemeine Heilpädagogik, heilpädagogische Diagnostik, Fachdidaktik in der Heilpädagogik sowie Bezugswissenschaften. Für den Master «S1+» werden ausgewiesene Module explizit mit heilpädagogischer Ausrichtung im Umfang von 45 ECTS angeboten, darunter ein Profilpraktikum und ein spezifischer Profilbereich sowie die Masterarbeit (15 ECTS). Inhaltlich fokussieren die heilpädagogisch ausgerichteten Module den Unterricht von Lernenden mit besonderem Förderbedarf, Formen der Differenzierung, multiprofessionelle Zusammenarbeit, Fragen von Normalität und Behinderung, inklusive, integrative und separative Praxis. Die Zusammenarbeit mit Fachstellen, Praxisbezüge und konkrete Praxiseinsätze finden sowohl an Regelschulen als auch im «besonderen Volksschulangebot» statt.

Als Anschlussmöglichkeit an den Master Sek I steht den Studierenden der Master Schulische Heilpädagogik am Institut für Heilpädagogik offen. Für diesen können die im Rahmen des Masters «S1+» erbrachten Studienleistungen in Heilpädagogik angerechnet werden.

Sonderpädagogik an der PH FHNW

Alle angehenden Sek I-Lehrpersonen erwerben an der PH der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) inklusions- und sonderpädagogische Kompetenzen im Umfang von 8 ECTS-Punkten im Studienbereich Erziehungswissenschaften. Diese Module umfassen die Themen Heterogenität, Integration/Inklusion, inklusiver Fachunterricht/Methodik und Kooperation, mit einem Schwerpunkt auf der Zusammenarbeit zwischen Regel- und Sonderpädagogik.

Seit dem Jahr 2022 können Studierende der Sek I im Master zusätzlich eine Vertiefung Sonderpädagogik im Umfang von 18 ECTS-Punkten wählen. Diese wird ab dem Jahr 2024 neu durch die Möglichkeit abgelöst, Sonderpädagogik im Umfang eines Faches (35 ECTS) zu studieren. Diese Möglichkeit umfasst insgesamt 16 sonderpädagogisch und fachdidaktisch ausgerichtete Module plus Berufspraktische Studien. Sie thematisieren die Stärkung der fachdidaktischen Lernbegleitung und Partizipation von Schüler:innen mit unterschiedlichen Lern- und Bildungsvoraussetzungen, die Förderung von Grundkompetenzen und den Beitrag der angehenden Sek I-Lehrpersonen zur Entwicklung der Schule in Richtung Inklusion. Die Studierenden reflektieren die eigenen Einstellungen sowie ihr professionelles Handeln und Verhalten hinsichtlich der Bildungsgerechtigkeit und dazugehöriger Spannungsfelder.

Denjenigen Sek I-Studierenden, die die Vertiefung Sonderpädagogik abschliessen, werden diese Studienleistungen inklusive sonderpädagogisch orientierter Masterarbeit weitgehend angerechnet für ein Masterstudium Sonderpädagogik (Vertiefungsrichtung Schulische Heilpädagogik) an der PH FHNW. Diese Anrechnungen gehen ab dem Jahr 2025 an ein Masterstudienprogramm mit neu 90 ECTS-Punkten. Dies stärkt zusätzlich die Durchlässigkeit zwischen den Studiengängen.

Heilpädagogik an der PH Luzern

Die heilpädagogischen Inhalte, die für alle Sek I-Studierenden an der PH Luzern obligatorisch sind, werden im Bereich Bildungs- und Sozialwissenschaften verortet. Sie umfassen drei Module. Zudem kann Heilpädagogik als viertes Fach gewählt werden, als Profil «HP SEK I». Darin werden die Studierenden befähigt, Bildungsprozesse von Jugendlichen mit besonderem Bildungsbedarf zu gestalten und unterrichtsbezogene Aufgaben in der Integrativen Förderung (IF) zu übernehmen. Sie sollen Jugendliche mit erschwerten Lernvoraussetzungen sachkundig, entwicklungsgerecht und lebenspraktisch begleiten können.

Das Profil «HP SEK I» umfasst sechs Themenblöcke mit zehn Modulen und drei transversalen Themen. Die Studierenden erwerben einerseits entwicklungspsychologische Grundlagen (emotionale, sozial-kognitive, motorische und perzeptuelle Entwicklung sowie psychologische Grundlagen erschwerter Lernprozesse). Anderseits befassen sie sich mit systemisch ausgerichteten Themen wie Diversität, Kooperation, rechtliche Grundlagen und Professionsverständnis. In den beiden Querschnitten Differenzielle Heilpädagogik und Berufsstudien werden die Studierenden dabei unterstützt, die Modulinhalte in ihren eigenen Berufsalltag zu übertragen. Die fachdidaktisch ausgerichtete Masterarbeit fördert und fordert die Studierenden im forschungsbezogenen Lernen. Insgesamt werden im Profil «HP SEK I» 60 ECTS-Punkte erworben.

Sekundarlehrpersonen mit dem Profil «HP SEK I» können den Masterstudiengang in Schulischer Heilpädagogik in verkürzter Form (1–2 Jahre) absolvieren.

Sonderpädagogik an der PH St. Gallen

Im Bachelor- und Masterstudiengang Sek I der PH St. Gallen besuchen alle Studierenden das obligatorische Modul «Sonderpädagogik», welches dem Institut Pädagogische Psychologie zugeordnet ist. Das Modul «Sonderpädagogik» vermittelt einerseits die Grundlagen schulischer Heilpädagogik und Integrativer Schulungsformen (Sonderpädagogisches Sehen, Denken und Handeln, ICF-CY[3], Partizipation und Förderdiagnostik/-planung bei besonderem Bildungsbedarf). Anderseits werden jugendspezifische Besonderheiten und die Zusammenarbeit in multiprofessionellen Teams thematisiert.

Im Bereich der erziehungswissenschaftlichen Ausbildung werden in verschiedenen Modulen themenspezifische Grundlagen vermittelt, insbesondere Klassenführung, Lernen, Jugend und Entwicklung, Pädagogische Diagnostik und Diversität. Zusätzlich werden sonderpädagogische Inhalte vertieft. Transversal werden in allen Fachdidaktiken fächerspezifische Aspekte inklusiver Didaktik, Diversität und Förderdiagnostik thematisiert.

Ab dem Frühjahrssemester 2025 werden die Studierenden der Stufe Sek I die Fachvertiefung «Sonderpädagogik Sek I» belegen können. Es ist vorgesehen, dieses Angebot mit sechs Modulen in Kooperation mit der Hochschule für Heilpädagogik (HfH) durchzuführen. Für die Fachvertiefung «Sonderpädagogik Sek I» werden insgesamt 52 ECTS-Punkte vergeben. Mit dieser Fachvertiefung qualifizieren sich Studierende als IF-Lehrperson. Zudem können sie sich nach Abschluss 40 ETCS-Punkte (inkl. Masterarbeit) anrechnen lassen, falls sie den weiterführenden Masterstudiengang SHP an der HfH absolvieren möchten.

Sonderpädagogik an der PH Zürich

Angehende Sek I-Lehrpersonen im integrierten Bachelor- und Masterstudiengang starten im zweiten Semester mit dem Grundlagenmodul «Inklusive Bildung». Der Fokus liegt – basierend auf einer ICF-orientierten Förderplanung in multiprofessioneller Kooperation – auf den Förderbereichen Allgemeines Lernen, Umgang mit Anforderungen, Mathematik und Sprache. Diese Inhalte werden im vierten Semester weitergeführt im Modul «Inklusive Bildung: herausfordernde Situationen im Schulalltag». Beide Module sind obligatorisch (zusammen 6 ECTS) und sind im Bereich Bildung und Erziehung angesiedelt.

Ab dem 5. bis zum 9. Semester ist es möglich, vier Themen mit insgesamt sechs Modulen im Wahlbereich Sonderpädagogik zu studieren. Diese Module finden in Zusammenarbeit mit der HfH statt. Drei Module beinhalten die Themen Diagnostik, Förderung und Umsetzung mittels integrativer Didaktik in Mathematik und Sprache. Zwei Module befassen sich mit sozial-emotionaler Entwicklung von Jugendlichen, Stresserleben sowie Beziehungsgestaltung im Kontext von besonders herausfordernden Situationen im Schulalltag. Im Modul zur Thematik Diagnostik, Förderplanung und Partizipation absolvieren die Studierenden zudem ein Praktikum in der Rolle als SHP auf der Stufe Sek I.

Studierende im Wahlbereich können ihre Masterarbeit mit einer sonderpädagogisch orientierten Fragestellung in Co-Betreuung von Dozierenden der PH Zürich und der HfH schreiben. Die Absolvierenden haben nach ihrer Diplomierung (PH Zürich Sek I) die Möglichkeit, den Masterstudiengang in Schulischer Heilpädagogik an der HfH in reduziertem Umfang zu studieren (20 ECTS für die Module und weitere 20 ECTS für die Masterarbeit).

Pädagogische Hochschulen ohne Anrechnungsmöglichkeit für einen Master SHP

Heilpädagogik an der PH Graubünden

Der Masterstudiengang Sek I an der PH Graubünden baut auf einem fachspezifischen Bachelor oder Master auf. Im Bereich der Erziehungswissenschaften stehen folgende Kompetenzen unmittelbar in Beziehung zur Heilpädagogik: Lernvoraussetzungen berücksichtigen, Diversity berücksichtigen, Partizipation ermöglichen, Lernprozesse individuell begleiten, Lernen analysieren, Lernsettings individualisieren, eigenständiges Lernen fördern, Entwicklungsprozesse begleiten sowie zusammenarbeiten und kooperieren. In diesem Studienangebot wird sichtbar, dass die Übergänge von Allgemeiner Pädagogik und Heilpädagogik zunehmend fliessend sind. Dies trägt zur Umsetzung einer integrativen Schule bei. In der Berufspraktischen Ausbildung zeigen die Studierenden, wie sie Kompetenzen in Bezug auf die Vielfalt der Lernenden und die Inklusion in verschiedenen Praxissituationen auf einem fortgeschrittenen Niveau umsetzen.

Die Studierenden setzen sich innerhalb des integrativen Ausbildungssettings im Rahmen der 36 ECTS-Punkte im Bereich Erziehungswissenschaften und der 48 ECTS-Punkte in der Berufspraktischen Ausbildung vertieft mit heilpädagogischen Themen auseinander.

Sonderpädagogik an der PH Thurgau

Studierende im integrierten Bachelor-Masterstudiengang Sek I wählen aus zwölf Fächern vier aus und bestimmen damit ihr persönliches Fächerprofil. Ergänzend zu ihrer fachwissenschaftlichen und didaktischen Ausbildung absolvieren alle Studierenden die theoretische und praktische Einführung in die Sonderpädagogik. Diese umfasst 9 ECTS-Punkte, startet im 5. Semester und beinhaltet drei obligatorische Module.

Zur sonderpädagogischen Ausbildung gehört, dass sich die Studierenden mit aktuellen gesellschaftlichen Fragen zu Heterogenität und Integration sowie deren Bedeutung für die Schule auseinandersetzen. Der Praxisbezug wird in einer Studienwoche vertieft und während eines zusätzlichen Praktikums, begleitet von Fachpersonen der Schulischen Heilpädagogik, in unterschiedlichen Fördersettings des Schulfeldes. Auf der Basis des Klassifikationssystems der ICF-CY setzen sich die Studierenden mit den Grundlagen, Methoden und Prozessen der Förderdiagnostik auseinander.

Zudem haben die Studierenden in allen Masterstudiengängen die Option, ihre Masterarbeit im Bereich der Sonderpädagogik zu schreiben und von einer Betreuungsperson der HfH als Hauptreferent:in begleiten zu lassen.

Im konsekutiven Masterstudiengang mit Bachelorabschluss und im Masterstudiengang mit Primarlehrpersonendiplom wird das Profilmerkmal «Sonderpädagogik» nicht vollständig erfüllt. Es besteht aber nach dem Studienabschluss die Möglichkeit, in Weiter- und Nachqualifikationen die geforderten Kompetenzen an der PH Thurgau zu erlangen. An der HfH werden derzeit keine Leistungen anerkannt, die an der PH Thurgau erbracht wurden.

Fazit: Vernetzt unterwegs – mit der Stärkung des Schulfeldes im Blick

Die Kurzporträts der verschiedenen Standorte zeigen, dass an den PHs vergleichbare Entwicklungen sowie Ausdifferenzierungen der Angebote laufen, welche die sonderpädagogischen Kompetenzen von Sek I-Lehrpersonen in der Ausbildung stärken. Auf inhaltlicher Ebene zeichnen sich gemeinsame Themen ab, insbesondere Integration/Inklusion, Diversität/Heterogenität, Inklusive Bildung, Integrative Didaktik mit Schwerpunkten Mathematik und Deutsch sowie Kooperation zwischen Regellehrpersonen und SHP. Zudem haben die Studierenden an fast allen Standorten die Option, eine Masterarbeit mit sonderpädagogisch-orientierter Fragestellung zu verfassen. Diese Bestrebungen sowie die zunehmende Vernetzung der PHs untereinander (in Form von Netzwerken, gemeinsamen Beiträgen und Diskursen) sind eine Chance für das Berufsfeld und die Berufsgruppen auf der Stufe Sek I. Zudem fördern sie die Durchlässigkeit und Anschlussfähigkeit zwischen Sek I und SHP auf Ebene der EDK-Ausbildungen sowie die Mobilität von Studierenden.

Schliesslich lässt ein Vergleich der Kurzporträts aber auch auf vielfältige Vorstellungen der PHs bezüglich Rollen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten schliessen, welche Sek I-Lehrpersonen mit Schwerpunkt/Vertiefung Sonderpädagogik übernehmen. Die Ausbildungsinstitutionen priorisieren und verankern sonderpädagogische Inhalte unterschiedlich in ihren Lehrangeboten. Jedoch ist besonders die Diskussion um Abgrenzung und Zusammenarbeit der Lehrpersonen von beziehungsweise mit den SHP sehr bedeutsam für beide Professionsgruppen. Das Netzwerk trägt in einem kantonal- und hochschulübergreifenden Austausch wesentlich bei zur Professionsentwicklung und zu Laufbahnen von Lehrpersonen und SHP auf der Stufe Sek I.

Dr. Janine Gut

Pädagogische Hochschule FHNW

janine.gut@fhnw.ch

Prof. Dr. André Kunz

Pädagogische Hochschule Zürich

andre.kunz@phzh.ch

Prof. Dr. Bruno Zobrist
Pädagogische Hochschule Luzern

bruno.zobrist@phlu.ch

Autor:innen der einzelnen Angebotsbeschreibungen

Literatur

Arbeitsgruppe Heilpädagogik der COHEP (2008). Analyse und Empfehlungen: Heilpädagogik in der allgemeinen Lehrerinnen- und Lehrerbildung. COHEP. 

Europäische Agentur für sonderpädagogische Förderung und inklusive Bildung (2022). TPL4I. Profil der Lehrer*innenbildung für Inklusion. European Agency for Special Needs and Inclusive Education.

Greiten, S., Geber, G., Gruhn, A. & Köninger, M. (2017). Inklusion als Aufgabe für die Lehrerausbildung. Theoretische, institutionelle, curriculare und didaktische Herausforderungen für Hochschulen. In S. Greiten, G. Gerber, A. Gruhn & M. Köninger (Hrsg.), Lehrerausbildung für Inklusion. Fragen und Konzepte zur Hochschulentwicklung. Beiträge zur Lehrerbildung und Bildungsforschung. Bd. 3 (S. 14–36). Waxmann.

Kronenberg, B. (2021). Sonderpädagogik in der Schweiz. Bericht im Auftrag des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) und der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) im Rahmen des Bildungsmonitorings. SBFI und EDK. 

Lanners, R. (2020). Neue Einblicke in die Schweizer Sonderpädagogik. Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, 26 (7–8), 51–59. https://ojs.szh.ch/zeitschrift/article/view/883

Walt, M., Peter, O. & Lienhard, P. (2017). Handreichung. Wege zur integrativen Förderung in der Sekundarschule. Orientierungs- und Entscheidungshilfen für den Entwicklungsprozess. HfH Zürich.

  1. Die Abkürzung EDK steht für die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren.

  2. Die Übersicht in diesem Artikel bildet den Stand ab von Februar 2024.

  3. Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen