Wer studiert Schulische Heilpädagogik?

Eingangsmerkmale, Studien- und Arbeitssituation von Studierenden der Schulischen Heilpädagogik in der Schweiz

Sabine Zingg, Michelle Willen, Caroline Sahli Lozano, Denise Geiser, Risha Niederberger und Catherine Eve Bauer

Zusammenfassung
Im Zuge der Entwicklung hin zu integrativen Schulmodellen ist der Bedarf an ausgebildeten Schulischen Heilpädagog:innen gestiegen. Allerdings ist wenig über die charakteristischen Merkmale der Studierenden in diesem Bereich bekannt. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts «Studienverläufe, Arbeitskontexte und Professionalisierung in der Schulischen Heilpädagogik» (StAr) zeigen für die Schweiz, wie heterogen diese Studierendengruppe ist in Bezug auf demografische Angaben, Vorbildung, berufliche Erfahrungen sowie die aktuelle Studien- und Arbeitssituation.

Résumé
Dans le cadre de l'évolution vers une école à visée inclusive, le besoin en enseignantes et enseignants spécialisés formés s'est accru. Cependant, on sait peu de choses sur les caractéristiques des étudiantes et étudiants de ce domaine. Les résultats du projet de recherche « Studienverläufe, Arbeitskontexte und Professionalisierung in der Schulischen Heilpädagogik – StAr » (Parcours d'études, contextes de travail et professionnalisation en enseignement spécialisé) montrent, pour la Suisse, à quel point ce groupe d'étudiantes et d'étudiants est hétérogène en ce qui concerne les données démographiques, la formation préalable, les expériences professionnelles ainsi que la situation actuelle au niveau des études et du travail.

Keywords: Schulische Heilpädagogik, Berufswahl, Ausbildung, Studiensituation, Hochschule, Arbeitssituation / enseignement spécialisé, choix d'une profession, formation, situation d’étude, Haute école, situation professionnelle

DOI: https://doi.org/10.57161/z2024-05-02

Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, Jg. 30, 05/2024

Creative Common BY

Ausgangslage

Obwohl im Zuge des Wandels zu integrativen Schulsystemen der Bedarf und die Bedeutung von Schulischen Heilpädagog:innen (SHP) und deren Ausbildung zugenommen hat, ist wenig darüber bekannt, was Studierende dieses Studiengangs auszeichnet (Grosche & Lindmeier, 2020). Dies ist unter anderem auf die Tatsache zurückzuführen, dass Hochschulstatistiken Merkmale von Studierenden nicht gesondert nach den verschiedenen pädagogischen Studiengängen auswerten, sondern Studierende aller pädagogischen Studiengänge zusammenfassen. Pädagogische Studiengänge fallen stufen- und bereichsübergreifend durch einen hohen Frauenanteil auf. Auf der Primarstufe liegt der Frauenanteil bei 80 Prozent, auf der Sekundarstufe I bei 53 Prozent. Zudem ist an Pädagogischen Hochschulen der Anteil an Studierenden, deren Väter einen Hochschulabschluss haben (ca. 25 %), vergleichbar mit Studiengängen an Fachhochschulen, jedoch geringer als bei universitären Studiengängen (ca. 45 %). Personen ausländischer Nationalität repräsentieren an Pädagogischen Hochschulen eine Minderheit (10 %), allerdings berücksichtigen diese Berechnungen eingebürgerte Studierende mit Migrationshintergrund nicht (SKBF, 2023).

Für den Studiengang der Schulischen Heilpädagogik wird im Bildungsbericht 2023 nur das Geschlecht der Studierenden separat ausgewiesen. Mit einem Frauenanteil von 87 Prozent weist das Studienfach den höchsten Frauenanteil unter den pädagogischen Studiengängen auf (ebd.). Nicht berücksichtigt werden Informationen zu beruflichen Vorerfahrungen, zur Vorbildung, Nationalität, Bildungsherkunft und zur aktuellen Studien- und Arbeitssituation von Studierenden der Schulischen Heilpädagogik. Es wäre jedoch für die Ausbildungsinstitute relevant, Spezifika ihrer Studierenden zu kennen. Mit diesem Wissen könnten sie zum Beispiel Schwierigkeiten bei der Rekrutierung entgegenwirken oder in der sensiblen Phase des Studienbeginns sowie auch im Studienverlauf eine adressatenbezogene Beratung anbieten, um allenfalls Studienabbrüchen vorzubeugen. Das Forschungsprojekt «Studienverläufe, Arbeitskontexte und Professionalisierung in der Schulischen Heilpädagogik» (StAr) hat über zwei Jahre hinweg Daten einer gesamtschweizerischen Ausbildungskohorte erhoben, um den folgenden Fragen nachzugehen: Welche Eingangsmerkmale bringen Studierende der Schulischen Heilpädagogik in der Schweiz mit und wie sieht ihre Studien- und Arbeitssituation aus?

Der Studiengang «Schulische Heilpädagogik» in der Schweiz

In der Schweiz wird die Ausbildung von SHP durch Richtlinien der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK) geregelt. Das Diplom befähigt zu einer Tätigkeit als SHP für Integrative Förderung in Regelschulklassen sowie als SHP in Sonderklassen oder an Sonderschulen (EDK, 2008). Die Ausbildung erfolgt vorwiegend an Pädagogischen Hochschulen. Ausnahmen bilden die Hochschulen in Genf und Freiburg: Hier ist der Studiengang der Universität angegliedert. Anders als z. B. in Deutschland oder Österreich erfolgt der Studieneinstieg nicht bereits im Bachelor, sondern erst im Master (SDBB, 2020). Es ist also eine vorhergehende Erstausbildung erforderlich.

Als Zugangsvoraussetzung zum Studium gilt entweder ein Lehrdiplom für den Unterricht in Regelklassen der Primar- oder Sekundarstufe I, ein Diplom in Logopädie oder Psychomotoriktherapie oder ein Bachelorabschluss in einem verwandten Studienbereich (z. B. Erziehungswissenschaft, Sozialpädagogik). Studierende, die nicht über ein anerkanntes Lehrdiplom verfügen, werden zugelassen, wenn sie vor oder während dem Studium theoretische und/oder praktische Zusatzleistungen im Rahmen von 30 bis 60 Punkten im European Credit Transfer System (ECTS) erbringen. Für die Umsetzung und Evaluation der Zusatzleistungen sind die einzelnen Hochschulen verantwortlich. Unter den Studierenden mit Lehrdiplom gibt es auch eine Gruppe, die dieses Diplom noch im Rahmen einer seminaristischen Ausbildung vor der Tertiarisierung der Lehrpersonenbildung in der Schweiz erworben hat. Viele Personen sind zu Studienbeginn also bereits grundständig als Lehrperson qualifiziert. Sie haben im Rahmen des Erststudiums und/oder durch berufliche Tätigkeit nach dem Studium pädagogische Berufserfahrungen gesammelt. Der Studiengang «Schulische Heilpädagogik» ist zudem an den meisten Hochschulen berufsbegleitend konzipiert (SDBB, 2020). Viele Studierende haben daher bereits vor dem Studium eine Anstellung als SHP und bringen Berufserfahrung im heilpädagogischen Arbeitsfeld mit.

Aufgrund der beschriebenen Struktur und Zugangsvoraussetzungen des Studiengangs vermuten wir für die Schweiz eine grosse Heterogenität der Studierenden der Schulischen Heilpädagogik bezüglich demografischer Merkmale, Vorbildung, beruflicher Vorerfahrungen sowie aktueller Studien- und Arbeitssituation.

Datenerhebung

Die Daten haben wir innerhalb des Forschungsprojekts «StAr» der Pädagogischen Hochschule Bern erhoben. Wir haben Studierende befragt, die im Herbstsemester 2020 ihr Studium in Schulischer Heilpädagogik an einer Schweizer Hochschule begonnen haben; zu drei Messzeitpunkten verteilt über zwei Jahre mittels Online-Fragebogen. Die Befragungen fanden zu Studienbeginn sowie am Anfang und am Ende des zweiten Studienjahres statt. Die erhobenen Daten umfassen unter anderem Merkmale wie Studienwahlmotivation, Vorbildung, berufliche Vorerfahrungen, Studienverlauf, berufsbezogene Einstellungen und aktuelle berufliche Tätigkeiten. Die nachfolgend dargestellten Ergebnisse resultieren aus deskriptiven Analysen zu den Merkmalen Geschlecht, Alter, Bildungshintergrund der Eltern, Nationalität, Vorbildung, Berufserfahrung, Angaben zur beruflichen Tätigkeit während des Studiums und Aufgaben in der Kinderbetreuung.

Insgesamt haben sich 646 Studierende an der Umfrage beteiligt, was 77 Prozent aller Studienbeginner:innen dieser Ausbildungskohorte entspricht. Nicht alle Teilnehmenden nahmen an allen drei Erhebungen teil. Zudem haben wir einige Variablen nur zu einem oder zwei Messzeitpunkten erhoben. Die Anzahl der Antworten für die einzelnen Variablen ist daher unterschiedlich. Geschlecht und Alter weisen einen hohen Prozentanteil von gültigen Daten auf (94 %). Die Daten zur Vorbildung (78 %), zur Berufserfahrung (78 %) und zur Bildungsherkunft der Eltern (74 %) hat das Forschungsteam einmalig zu Studienbeginn erhoben. Die Angaben zur aktuellen beruflichen Tätigkeit (80 %) und zu Kinderbetreuungsaufgaben (73 %) stammen aus den beiden Erhebungen des zweiten Studienjahres. Hierzu haben wir Informationen vom dritten Erhebungszeitpunkt verwendet und bei fehlenden Daten mit Angaben aus dem zweiten Erhebungszeitpunkt ergänzt. Informationen zur Nationalität der Studierenden (71 %) und ihrer Eltern (75 %) wurden ab dem zweiten Erhebungszeitpunkt erfasst. Die folgenden Ergebnisse beziehen sich ausschliesslich auf diejenigen Personen, die die betreffenden Fragen beantwortet haben. Bei Fragen zur Vorbildung und zu beruflichen Tätigkeiten vor und während des Studiums waren Mehrfachantworten möglich. Dies erklärt Gesamtprozente über 100.

Ergebnisse

Demografische Merkmale

Die Stichprobe ist zu 90 Prozent weiblich. Das Durchschnittsalter der Studierenden zu Studienbeginn beträgt 34,7 Jahre, die Altersspanne reicht von 21 bis 60 Jahren. Die grösste Altersgruppe unter den Befragten bilden Studierende im Alter von 21 bis 30 Jahren (46 %). Etwa 24 Prozent der Studierenden sind zwischen 31 und 40 Jahre alt, während sich 29 Prozent der Befragten in der Altersgruppe von 41 bis 58 Jahren befinden. Rund 89 Prozent der Studierenden wurden in der Schweiz geboren. Bezüglich der Nationalität der Eltern geben 70 Prozent der Studierenden an, dass beide Elternteile in der Schweiz geboren wurden. Bei 14 Prozent der Studierenden stammt ein Elternteil aus der Schweiz, während bei 16 Prozent beide Elternteile nicht in der Schweiz geboren wurden. Die Untersuchung des höchsten Bildungsabschlusses der Eltern zeigt, dass lediglich 1 Prozent der Eltern keinen Schulabschluss hat. Bei 4 Prozent der Studierenden ist der höchste Bildungsabschluss der Eltern die obligatorische Schule. 36 Prozent der Studierenden haben Eltern mit einem Abschluss auf der Sekundarstufe II. Bei 59 Prozent der Studierenden weist mindestens ein Elternteil einen Hochschulabschluss auf.

Vorbildung und berufliche Vorerfahrungen

Da es sich bei der Schulischen Heilpädagogik in der Schweiz um einen Masterstudiengang handelt, sind Informationen bezüglich der Vorbildung und den beruflichen Vorerfahrungen besonders interessant. Bei der Analyse der individuellen Zugangswege zum Studium haben wir 81 unterschiedliche Wege identifiziert, die Studierende vor ihrem Einstieg ins Studium durchlaufen haben. Ein Grossteil der Studierenden (73 %) erlangt vor dem Studium ein Lehrdiplom. Davon erwarben 55 Prozent ihr Diplom an einer Pädagogischen Hochschule und 18 Prozent im Rahmen einer seminaristischen Ausbildung. 27 Prozent der Studierenden steigen ohne Lehrdiplom ins Studium ein. Betrachtet man die Tertiär-abschlüsse, haben knapp drei Viertel einen Bachelorabschluss an einer Fachhochschule oder Universität erworben. Zudem verfügen 30 % der Personen ohne Lehrdiplom bereits über einen Masterabschluss oder ein Lizentiat einer Universität oder Fachhochschule. Knapp 1,4 Prozent der Personen ohne Lehrdiplom weisen ein Doktorat auf. Weitere 1,4 Prozent geben an, einen Abschluss an einer höheren Fachschule (HF) erlangt zu haben.

Viele Studierende haben bereits vor Beginn des Studiums im Bereich der Schulischen Heilpädagogik oder in verwandten Tätigkeitsfeldern gearbeitet. 84 Prozent der Studierenden verfügen vorgängig über Arbeitserfahrung als Regellehrperson (RLP). 41 Prozent der Studierenden betätigten sich vor dem Studium als Lehrperson für Integrative Förderung (IF), 13 % als Lehrperson in einer Sonderklasse in der Regelschule und 20 % als Lehrperson in einer Sonderschule. 13 Prozent der Studierenden nennen Erfahrungen in anderen Lehrtätigkeiten, die nicht in die genannten Kategorien fallen. 9 Prozent der Befragten steigen ohne Erfahrung in Lehrberufen ins Studium ein.

Innerhalb des Regelschulbereichs (RLP/IF/Sonderklasse) geben vier von fünf Personen an, mehrheitlich auf der Primarschulstufe tätig gewesen zu sein. Bei Studierenden, die in Sonderschulen gearbeitet haben, verteilt sich dieser Wert etwas gleichmässiger, wobei dennoch mehr als die Hälfte vorrangig auf der Primarschulstufe unterrichtet hat. Die meisten Personen, die vor dem Studium auf der Sekundarstufe I unterrichtet haben, waren dort in einer Sonderklasse tätig.

Studien- und Arbeitssituation während des Studiums

Im zweiten Studienjahr arbeiten 85 % aller Student:innen in der Funktion als SHP. Von diesen Studierenden arbeiten 74 Prozent als SHP für Integrative Förderung in der Regelschule, 9 Prozent als SHP in einer Sonderklasse an der Regelschule, 17 Prozent als SHP an einer Sonderschule und 5 Prozent in einer anderen heilpädagogischen Funktion (z. B. Erwachsenenbildung). Weitere 7 Prozent der Studierenden sind als Regellehrperson in der Volksschule tätig, 3 Prozent der Personen gehen einer Berufstätigkeit ausserhalb des pädagogischen Arbeitsfeldes nach und 5 Prozent sind nicht erwerbstätig.

Berufstätige Studierende haben Anstellungen, die von einem minimalen Arbeitspensum von 5 Prozent bis zu Vollzeitbeschäftigung reichen. Die durchschnittlichen Arbeitspensen variieren je nach beruflicher Tätigkeit. Bei erwerbstätigen Studierenden, die als Regellehrperson arbeiten, beträgt das durchschnittliche Pensum 55 Prozent. Student:innen, die als SHP tätig sind, arbeiten im Schnitt 52 Prozent. Studierende mit beruflichen Tätigkeiten ausserhalb des Lehrbereichs haben im Durchschnitt ein geringeres Pensum von 37 Prozent. Neben der Anstellung und dem Studium kümmert sich ausserdem etwa jede vierte Person unter der Woche durchschnittlich an drei bis vier Halbtagen um die eigenen Kinder.

Abbildung 1: Verteilung der Arbeitspensen nach Anstellungstyp
Die Abbildung zeigt die Prozentzahlen für Pensen bis 25%, 25 bis 50%, über 50 bis 75% und über 75%. Die Zahlen für als SHP tätige Studierende: 10%, 39%, 38% und 14%. Für als RLP tätige Studierende: 9%, 30%, 57% und 4%. Für Studierende ohne Lehrtätigkeit: 50%, 29%, 7%, 14%.

In Abbildung 1 wird die Variation der Arbeitspensen nach beruflicher Tätigkeit weiter verdeutlicht. Etwas mehr als die Hälfte der als SHP tätigen Studierenden haben ein Arbeitspensum von über 50 Prozent. 14 Prozent arbeiten 75 Prozent oder mehr. Bei den als Regellehrperson tätigen Studierenden ist der Anteil mit einem Arbeitspensum über 50 Prozent noch grösser als bei den als SHP tätigen Studierenden. In dieser Gruppe kommen allerdings nur 4 Prozent auf ein Pensum von über 75 Prozent. Erwerbstätige Studierende ohne Lehrtätigkeit haben überwiegend niedrigere Arbeitspensen. Hier haben vier von fünf Studierenden ein Pensum von weniger als 50 Prozent, die Hälfte arbeitet in einem Pensum von bis zu 25 Prozent.

Diskussion

Die vorliegenden Ergebnisse zeigen wie vermutet eine grosse Heterogenität bezüglich des Alters, der Vorbildung, der beruflichen Vorerfahrungen sowie der Studien- und Arbeitssituation von Studierenden der Schulischen Heilpädagogik in der Schweiz. Bei den demografischen Merkmalen (Geschlecht, Bildungsherkunft, Nationalität) bestehen abgesehen vom Alter kaum Unterschiede zu Studierenden anderer pädagogischer Studiengänge.

Auch wenig überraschend kombinieren viele Studierende den berufsqualifizierenden Masterstudiengang mit einer Anstellung im Berufsfeld. Dies hat mit den Lebensumständen der meisten Studierenden zu tun. Sie haben bereits eine (pädagogische) Erstausbildung absolviert und sind vor dem Studium ins Berufsleben eingestiegen. Die Kombination von Erwerbstätigkeit und Studium – eine Charakteristik des Studiums der Schulischen Heilpädagogik in der Schweiz – ermöglicht es den Studierenden, theoretische Kenntnisse direkt in der Praxis anzuwenden. Jedoch bringt dieses Modell auch Herausforderungen in Bezug auf die Vereinbarkeit mit dem Studium mit sich, zumal viele Studierende recht hohe Arbeitspensen haben. Ein Viertel der Studierenden aus der Stichprobe nimmt zusätzlich Aufgaben in der Familienbetreuung wahr. Viele Studierende sind daher während ihres Studiums mit Mehrfachbelastungen konfrontiert.

Die meisten Studierenden bringen die Zugangsvoraussetzungen mit, um ohne Zusatzleistungen ins Studium einzusteigen. Die Tatsache, dass 27 Prozent der Studierenden das Studium ohne ein Lehrdiplom beginnen, lässt auf eine grosse Offenheit des Ausbildungssystems für Studierende mit verschiedenen fachlichen Hintergründen schliessen und ist ein wichtiges Signal in Zeiten des Fachkräftemangels (Ziehbrunner et al., 2019). Die verschiedenen Vorerfahrungen der Studierenden ermöglichen die Integration unterschiedlicher Kompetenzen ins Berufsfeld der Schulischen Heilpädagogik. Dennoch sollte die Forschung die Auswirkungen dieser unterschiedlichen Vorerfahrungen auf die Studienleistungen und den späteren beruflichen Erfolg der Absolvierenden genauer untersuchen, um sicherzustellen, dass Studierende unabhängig ihres Zugangswegs ihr Studium erfolgreich abschliessen. Gemäss EDK-Reglement ist es möglich, ohne pädagogische Berufserfahrung ins Studium einzusteigen. Die meisten der befragten Studierenden waren jedoch bereits vor dem Studium als Lehrpersonen tätig. Sie erweitern und vertiefen durch das Studium ihre Kompetenzen sowie ihre beruflichen Handlungsmöglichkeiten.

Insgesamt bietet das schweizerische Ausbildungssystem in der Schulischen Heilpädagogik ein Umfeld, das unterschiedliche Zugangspfade, Berufserfahrungen und Altersgruppen berücksichtigt. Angesichts des anhaltenden Fachkräftemangels in diesem Bereich erweist sich dies als besonders wertvoll. Zukünftige Forschung sollte die Auswirkungen dieser Diversität auf den Studienverlauf und die spätere berufliche Praxis analysieren und untersuchen, welche Merkmale den Studien- und Berufserfolg begünstigen oder erschweren.

Sabine Zingg
Doktorandin

Institut für Forschung, Entwicklung und Evaluation

PHBern

sabine.zingg@phbern.ch

Michelle Willen

Projektmitarbeiterin

Institut für Forschung, Entwicklung und Evaluation

PHBern

michelle.willen@phbern.ch

Prof. Dr. Caroline Sahli Lozano
Leiterin Forschungsschwerpunkt «Inklusive Bildung»

Institut für Forschung, Entwicklung und Evaluation

PHBern

caroline.sahlilozano@phbern.ch

Denise Geiser

Doktorandin

Institut für Forschung, Entwicklung und Evaluation

PHBern

denise.geiser@phbern.ch

Risha Niederberger
Projektmitarbeiterin

Institut für Forschung, Entwicklung und Evaluation

PHBern

risha.niederberger@phbern.ch

Dr. Catherine Eve Bauer
Co-Projektleiterin (01.08.2020–31.05.2023)

Literatur

EDK (2008). Reglement über die Anerkennung der Diplome im Bereich der Sonderpädagogik (Vertiefungsrichtung Heilpädagogische Früherziehung und Vertiefungsrichtung Schulische Heilpädagogik). https://www.edk.ch/de/dokumentation/rechtstexte-beschluesse/rechtssammlung?highlight=77e3b701e3214fa5bc3cc4da782ab770&expand_listingblock=6767b9a3a3f34785919c98e2138e0ce7

Grosche, M. & Lindmeier, C. (2020). Lehrerinnen- und Lehrerbildung für ein sonderpädagogisches Lehramt. In C.  Cramer, J.  König, M.  Rothland & S.  Blömeke (Hrsg.), Handbuch Lehrerinnen- und Lehrerbildung (S. 253–268). Klinkhardt. https://doi.org/10.35468/hblb2020-030

SDBB (2020). Heil- und Sonderpädagogik (3. vollst. überarb. Aufl.). Schweizerisches Dienstleistungszentrum Berufsbildung Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung.

SKBF (2023). Bildungsbericht Schweiz 2023. Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung. https://www.skbf-csre.ch/bildungsbericht/bildungsbericht

Ziehbrunner, C., Fäh, B. & Gyseler, D. (2019). Mangel an heilpädagogischen Fachpersonen. Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, 25 (10), 16–20.