Inklusion im Sportunterricht – Was sagen die Lehrpersonen?

Zsofia Csepregi, Nikolai Kiselev, Reto Planzer, Stefan Häusermann und Kilian Hegg

Zusammenfassung
Inklusiver Sportunterricht ermöglicht aus theoretischer Sicht wichtige Kontakt- und Entwicklungsmöglichkeiten für Schüler:innen mit Beeinträchtigungen. Die Praxis zeigt jedoch, dass viele Sportlehrpersonen über wenig Fachwissen und Erfahrung im Bereich Inklusion verfügen. Auch fehlt es an einfach zugänglichen Hilfsmitteln und an Unterstützung durch Fachpersonen. Bisher ist noch wenig darüber bekannt, wie Sportlehrpersonen mit der erhöhten Vielfalt im Sportunterricht umgehen, welche Erfahrungen sie machen und welche Unterstützung sie sich wünschen. Diese Punkte werden im vorliegenden Artikel aufgegriffen, und zwar auf der Basis einer Evaluationsstudie im Rahmen des Projektes «Schule bewegt».

Résumé
D'un point de vue théorique, les cours de sport inclusifs offrent aux élèves en situation de handicap d'importantes possibilités de socialisation et de perfectionnement. Toutefois, la pratique montre que de nombreux enseignantes et enseignants de sport ont peu de connaissances et d'expérience dans le domaine de l'inclusion. Du matériel facile d’accès et du soutien de la part de spécialistes manque également. Jusqu'à présent, on sait encore peu de choses sur la manière dont les enseignantes et enseignants gèrent la diversité croissante dans les cours de sport, sur les expériences qu'elles et ils font et sur le soutien reçu. Ces points sont abordés cet article, sur la base d'une évaluation de la situation réalisée dans le cadre du projet « L'école bouge ».

Keywords: Inklusion, Sport, Behinderung, Hilfsmittel / inclusion, sport, handicap, moyens auxiliaires

DOI: https://doi.org/10.57161/z2024-02-06

Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, Jg. 30, 02/2024

Creative Common BY

Einleitung

Inklusion ist eine fundamentale Aufgabe unserer Gesellschaft. Anstelle einer Normalisierung durch die Anpassung von Menschen mit Behinderung an normale Lebensumstände fordert Inklusion den Umbau der sozialen Umwelt, die zwar Unterschiede und Abweichungen bewusst wahrnimmt, sie aber in ihrer Bedeutung einschränkt oder gar aufhebt. (Markowetz, 2005, S. 4)

Inklusion in der Schule und spezifisch im Schulsport ist ein wichtiges Thema. Inklusiver Schulsport und inklusiver bewegter Unterricht (bewegte Pausen im Schulunterricht) folgen dem Leitgedanken, dass alle Schüler:innen unabhängig von ihren körperlichen, geistigen oder psychischen Ressourcen teilnehmen können und von den Vorteilen körperlicher Aktivität auf physischer, psychischer, aber auch sozialer Ebene profitieren sollen (Bükers et al., 2020). Seymour et al. (2009) weisen darauf hin, dass der Sportunterricht und der bewegte Unterricht gemeinsames Lernen und die Kontaktaufnahme der Schüler:innen untereinander ermöglichen.

In der Praxis werden diese Möglichkeiten jedoch häufig nicht genutzt: Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen werden oft vom Sportunterricht oder bewegten Unterricht ausgeschlossen oder separativ beschult. Die Relevanz und die Umsetzung von inklusivem Sportunterricht variiert in der Schweiz entsprechend dem föderalistischen Ansatz, der auch im Bildungssystem vorherrscht. In einigen Schulen gibt es bereits gut etablierte Programme und Richtlinien zur Inklusion im Sportunterricht, während in anderen noch viel Entwicklungspotenzial besteht. Inklusiver Sportunterricht und bewegter Unterricht erfordern eine barrierefreie Infrastruktur, entsprechend ausgebildete Lehrkräfte sowie Aktivitäten, die allen Schüler:innen zugänglich sind (Giese & Weigelt, 2017).

Das Projekt «Schule bewegt»

Die Entwicklung inklusiver Schulbildung ist ein Prozess, der sowohl auf politischer als auch auf schulischer Ebene stattfindet. Seit dem Jahr 2019 werden in der Schweiz im Rahmen des Projektes «Schule bewegt» die Bewegungsaufgaben für den Regelunterricht (im Sinne der bewegten Pausen) mit Inklusionshinweisen ergänzt. Das Projekt «Schule bewegt» ist ein Programm von Swiss Olympic, das Bewegung in Schweizer Schulen fördern möchte. Es orientiert sich am natürlichen Bewegungsdrang von Kindern und Jugendlichen und unterstützt Lehrpersonen dabei, Bewegung im Unterricht zu integrieren. Das Programm von «Schule bewegt» enthält zahlreiche Ideen, die es den Lehrpersonen, aber auch den Schüler:innen selbst ermöglichen, Arbeitsphasen durch Bewegung aufzulockern.

In einer Kooperation von Swiss Olympic mit verschiedenen Fachorganisationen (u. a. PluSport Behindertensport Schweiz) wurden die Bewegungsaufgaben mit Inklusionshinweisen ergänzt. Dabei handelt es sich um Anleitungen, die sich spezifisch für Kinder und Jugendliche mit verschiedenen Arten von Beeinträchtigungen eignen. Sie basieren auf sieben exemplarischen Beeinträchtigungsbildern und sollen den Lehrpersonen helfen, die Übungen an die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen anzupassen, um sie so an den Bewegungsaufgaben teilhaben zu lassen. Zudem wurden Videoanleitungen für die Bewegungsaufgaben gedreht, in die auch Schüler:innen mit Beeinträchtigungen einbezogen wurden. Diese zielen darauf ab, Lehrpersonen und Schüler:innen für Inklusion zu sensibilisieren.

Evaluationsstudie zum Projekt «Schule bewegt»

Um das Projekt «Schule bewegt» auszuwerten, führte PluSport Behindertensport Schweiz im Jahr 2023 eine Evaluationsstudie durch. Fokussiert wurde auf die Perspektive der Lehrpersonen in der Volksschule, genauer, wie sie inklusiven Schulsport und bewegten Unterricht erleben.

Untersuchungsfragen

In der Studie, die dem Artikel zugrunde liegt, wurde die Situation der Lehrpersonen in der Volksschule untersucht, und zwar hinsichtlich folgender Fragestellungen:

Methode

Um das Projekt «Schule bewegt» zu evaluieren, wurde eine Online-Umfrage durchgeführt. Im vorliegenden Artikel wird nur jener Teil der Umfrage behandelt, welcher sich mit dem Thema Inklusion befasst hat. Die Lehrpersonen wurden in diesem Teil gefragt, ob sie die Inklusionshinweise nutzen und ob sie mit diesen zufrieden sind. Zudem wurden sie zum Thema Inklusion im Sportunterricht befragt.

Fragebogen

Der Inklusionsabschnitt der Umfrage bestand aus fünf Hauptfragegruppen mit je drei bis fünf Unterfragen:

  1. Funktion der befragten Lehrperson (z. B. Schulstufe und Unterrichtsfächer)
  2. Art der Beeinträchtigungen der Schüler:innen und deren Teilnahme am Sportunterricht
  3. Qualifikation der Lehrperson für inklusiven Sportunterricht
  4. Nutzung der inklusiven Inhalte des Projektes «Schule bewegt» durch die Lehrperson
  5. Fragen zur Infrastruktur
  6. Unterstützungswünsche der Lehrpersonen

Die geschlossenen Fragen bestanden aus Multiple-Choice oder Likert-Scale-Single-Choice-Fragen. Die offenen Fragen sahen einen nummerischen Input vor.

Stichprobe und Rekrutierung

Die Stichprobe bestand aus den Lehrpersonen (15 199), die auf der Webseite von «Schule bewegt» registriert sind. Diese wurden am 25. Januar 2023 per Newsletter dazu eingeladen, an einer anonymen Online-Befragung teilzunehmen (ohne Reminder). Zusätzlich wurde in einem Pop-up-Fenster auf der Webseite auf die Umfrage hingewiesen. Um die Rücklaufquote zu erhöhen, wurden verschiedene Preise verlost (z. B. einen Ausflug für die ganze Klasse in das Olympische Museum in Lausanne). Die Umfrage konnte vom 10. Januar 2023 bis zum 5. März 2023 ausgefüllt werden.

Auswertung

Die Auswertung wurde mithilfe des Statistikprogramms SPSS29 durchgeführt. Um die gegebenen Fragen zu beantworten, wurden die deskriptiven Statistiken (d. h. Häufigkeitsauswertungen, absolut und prozentual) angewendet.

Ergebnisse der Umfrage

Sample

Von den 15 199 Lehrpersonen, die per Newsletter angeschrieben wurden, füllten 389 Lehrpersonen (N = 389) den Fragebogen vollständig aus. Da auch auf der Webseite des Projekts «Schule bewegt» auf die Umfrage hingewiesen wurde, kann keine Rücklaufquote eruiert werden. Basierend auf den Erfahrungswerten von ähnlichen Studien lässt sie sich auf ca. 3 Prozent schätzen. Die Teilnehmenden waren überwiegend weiblich (n = 306, 78.7 %) und im Schnitt knapp 40 Jahre alt (M = 39.97, SD = 11.18). Etwa zwei Drittel waren Klassenlehrpersonen (n = 245, 63 %), gefolgt von Lehrpersonen ohne Klassenverantwortung (n = 87, 22.4 %) und Heilpädagog:innen (n = 31, 8 %) sowie Fachlehrkräften (n = 25, 6.4 %). Sie unterrichteten bis auf wenige Ausnahmen auf der Stufe Zyklus 1 (n = 191, 49.1 %) oder Zyklus 2 (n = 158, 40.6 %). Der Bewegungs- und Sportunterricht gehörte zu den Aufgaben der meisten Teilnehmenden (n =306, 78.7 %).

Schüler:innen und Unterricht

Eine überwiegende Mehrheit der befragten Lehrpersonen berichtete, mindestens eine Schülerin oder einen Schüler mit einer Beeinträchtigung in der Klasse zu haben (n = 334, 86.1 %; vgl. Tab. 1). In der Umfrage wählten die Teilnehmenden aus einer Liste mit Beeinträchtigungsbildern diejenigen aus, welche auf ihre Schüler:innen zutrafen. Dabei waren Mehrfachnennungen möglich. Zudem gaben sie an, wie viele Schüler:innen mit der jeweiligen Beeinträchtigungsart sie unterrichteten. Die Tabelle 1 stellt die Antworten zusammenfassend dar: Sie zeigt, wie viele Lehrpersonen in der Umfrage angaben, mindestens eine Schülerin oder einen Schüler mit der jeweiligen Beeinträchtigungsart zu unterrichten.

Tabelle 1: Schüler:innen mit Beeinträchtigungen in der Klasse

Art der Beeinträchtigung

Anzahl Lehrpersonen mit mindestens 1 Schüler:in mit der jeweiligen Beeinträchtigungsart

n (% n/N)

Wahrnehmen & Verhalten

261 (67.1)

Kognition

202 (51.9)

Psychisch

73 (18.8)

Sehen

57 (14.7)

Bewegung – Fussgänger

52 (13.4)

Hören

42 (10.8)

Bewegung – Rollstuhl

7 (1.8)

Schüler:innen mit Beeinträchtigungen

334 (86.1)

Die meisten Schüler:innen mit Beeinträchtigungen nehmen gemäss den befragten Lehrpersonen am Bewegungs- und Sportunterricht teil (n = 337, 92.6 %). Allerdings wird nicht einmal ein Drittel der befragten Lehrpersonen von einer zusätzlichen Fachperson unterstützt (n = 107, 29.1 %). Zudem gaben diejenigen Lehrpersonen, welche selbst Bewegung und Sport unterrichteten, in den meisten Fällen an, über keine spezifische Weiterbildung zur Thematik Integration im Sport oder Bewegung und Sport mit Beeinträchtigung zu verfügen (n = 297, 93.4 %).

Inklusive Inhalte von «Schule bewegt»

Die meisten Befragten (n = 271, 69.7 %) gaben an, die Inklusionshinweise in den Bewegungsaufgaben von «Schule bewegt» nicht zu kennen. Diejenigen, die die Inklusionshinweise kannten, haben sie wie in der Tabelle 2 dargestellt beurteilt.

Tabelle 2: Nutzung und Beurteilung der Inklusionshinweise in den Bewegungsaufgaben von «Schule bewegt»

Item

Anzahl der positiven bzw. zustimmenden Antworten1; n (% n/nvalid)

Ist die Umsetzung der Inklusionshinweise problemlos möglich?

111 (94.1)

Gelingt es Ihnen mithilfe der Hinweise alle in die Bewegungspause zu integrieren?

105 (97.3)

Wie zufrieden sind Sie mit den inklusiven Inhalten?

102 (86.4)

Wie schätzen Sie die Nützlichkeit für die Betroffenen ein?

102 (86.4)

Nutzen Sie die inklusiven Inhalte von «Schule bewegt»?

91 (77.1)

Nutzen Sie die Inklusionshinweise der Bewegungsformen für die Klasse punkto Sensibilisierung für das Thema Behinderung?

48 (45.3)

1 Berücksichtigt wurden in der Tabelle die Antworten «ja» und «eher ja» beziehungsweise «zufrieden» und «sehr zufrieden» sowie «nützlich» und «sehr nützlich».

Infrastruktur und Ressourcen

Die Mehrheit der befragten Lehrpersonen beurteilt den Zugang zu Sporthallen, Garderoben und Toiletten an der eigenen Schule als barrierefrei oder eher barrierefrei (n = 237, 61 %). Dennoch kann ein erheblicher Anteil der Befragten (n = 99, 25 %) den Schüler:innen mit Beeinträchtigungen keinen Zugang zu diesen Orten gewährleisten.

Zwei Drittel der befragten Lehrpersonen gab an, nicht über unterstützendes Material zu verfügen, welches ein angepasstes Sportangebot ermöglichen würde (n = 271, 70 %). Nur wenige Lehrpersonen haben solche Materialien zur Verfügung (n = 38, 10 %). Es ist anzumerken, dass gemäss den Angaben der befragten Lehrpersonen jedoch fast die Hälfte der Befragten über ein Budget für unterstützende Materialien verfügen würde (n = 162, 50 %). Nur wenige Personen gaben an, dass kein Budget vorhanden sei (n = 30, 8 %).

Unterstützungswünsche seitens der Lehrpersonen

Mit Ausnahme von zwei Fällen (n = 2) wollten alle Lehrpersonen die Unterstützung von Fachstellen beanspruchen, wie zum Beispiel von PluSport Behindertensport Schweiz. Am häufigsten wünschen sich die Lehrpersonen Unterlagen, Lehrmittel und Handlungsbroschüren (n = 295, 76.2 %), gefolgt von spezifischen Weiterbildungen (n = 124, 32 %) und direkter Beratung (n = 118, 30.5 %).

Diskussion der Ergebnisse

Die durchgeführte Umfrage ist eine der ersten in der Schweiz, die das Ziel verfolgt, die Perspektive von Lehrpersonen auf inklusiven Sportunterricht und bewegten Unterricht in der Schule einzuholen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde eine grosse Stichprobe befragt. Die meisten Lehrpersonen, die die Umfrage beantworteten, sind als Klassenlehrperson im Zyklus 1 oder 2 tätig und unterrichten auch Sport. Auffällig ist dabei, dass nur wenige dieser Lehrpersonen keine Schüler:innen mit Beeinträchtigungen betreuen. Auch wenn aufgrund der fehlenden Repräsentativität keine generalisierte Aussage möglich ist, deuten die Umfrageergebnisse darauf hin, dass Schüler:innen mit Beeinträchtigungen eine allgegenwärtige Realität in den Regelschulklassen und auch im Sportunterricht sind. Dabei sind die Arten der Beeinträchtigungen vielfältig.

Das impliziert, dass spezifische, auf eine bestimmte Zielgruppe von Schüler:innen ausgerichtete Lösungen kaum nützlich sind, um Inklusion zu fördern. Vielmehr braucht es umfassende Ansätze. Konkret bedeutet dies, dass Lehrpersonen so geschult und weitergebildet werden müssen, dass sie ihren Unterricht inklusiv gestalten können. Dabei geht es nicht nur darum, inklusive Lehrmethoden zu einem bestimmten Fall in einem bestimmten Setting zu erlernen (z. B. das Vorgehen bei einem spezifischen Beeinträchtigungsbild in einer definierten Bewegungs- und Sporteinheit). Lehrpersonen sollen auch ein globales Verständnis von den individuellen Fähigkeiten, Ressourcen und Einschränkungen ihrer Schüler:innen entwickeln. Dazu gehört auch die Fähigkeit, die Perspektiven der Schüler:innen mit und ohne Beeinträchtigungen einnehmen zu können. Dies ermöglicht es, den Unterricht an die Bedürfnisse aller Lernenden anzupassen. Dies trägt schliesslich bei zu einer erfolgreichen inklusiven Bildung.

Aus den Umfrageergebnissen kann zudem geschlossen werden, dass erstens viele der befragten Lehrpersonen im Bereich Inklusion und Sport nicht ausreichend weitergebildet sind. Und zweitens, dass sie nicht vertraut sind mit methodisch-didaktischen Hilfsmitteln wie z. B. den Inklusionsinhalten von «Schule bewegt». Auch zeigt sich, dass sie im Sportunterricht kaum von einer zusätzlichen Fachperson unterstützt werden. Dies ist alarmierend angesichts der Tatsache, dass praktisch jede Klasse der befragten Lehrpersonen auch von Schüler:innen mit Beeinträchtigungen besucht wird. Ein inklusiverer Sportunterricht kann nicht angestrebt werden, wenn die Lehrpersonen über keine oder nur unzureichende Kompetenzen in Bezug auf Inklusion verfügen und ihnen bestehende Unterstützungstools nicht bekannt sind.

Von denjenigen Lehrpersonen, die die Inklusionsinhalte von «Schule bewegt» kennen und im Unterricht einsetzen, berichten viele davon, dass sie nicht nur mit den Inhalten sehr zufrieden sind, sondern dass sie durch die Hinweise den bewegten Unterricht auch effektiv inklusiver gestalten können. Jedoch können diese Hinweise nur für bewegte Pausen im Regelunterricht angewendet werden. Sie geben keine umfassende Einführung zu inklusiven Methoden im Sportunterricht. Das bedeutet, dass es Aus- und Weiterbildungen für Lehrpersonen im Bereich inklusiver Sportunterricht braucht.

Ein widersprüchliches Bild zeichnen die Antworten bezüglich der Spezialmaterialien. Obwohl viele Lehrpersonen angaben, ein Budget dafür zu haben, fehlten dennoch den meisten Befragten die entsprechenden Spezialmaterialien. Diese Aussage lässt sich an den Befund der fehlenden Weiterbildungen anknüpfen: In Weiterbildungen wird den Lehrpersonen vermittelt, wie Sportunterricht teilweise auch ohne spezielles Material inklusiv gestaltet werden kann. Solche Möglichkeiten werden beispielsweise im 7+1-Modell beschrieben. Dieses ist ein wesentlicher Bestandteil der Fachweiterbildungen im Bereich der Förderung inklusiven Sportunterrichts (Häusermann, 2018).

Es ist nicht überraschend, dass sich die befragten Lehrpersonen Unterstützung wünschen. Dies in erster Linie in Form von Unterlagen, Lehrmitteln und Handlungsbroschüren (ULH) und erst an zweiter Stelle durch Weiterbildungen (z. B. PluSport@School). Das ist insofern verständlich, als Weiterbildungen mit einem grösseren Zeitaufwand verbunden sind. Jedoch bleibt die Frage unbeantwortet, warum Lehrpersonen zwar ULH wünschen, aber nur selten von den Inklusionsinhalten von «Schule bewegt» wissen. Der Wunsch nach mehr Informationen im Zusammenhang mit Bewegung und Sport für Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen ist auch in anderen beratungsintensiven Berufen vorhanden (z. B. medizinisches und paramedizinisches Personal) (Kiselev et al., 2023). Generell darf dieser Wunsch nach mehr Informationen auch etwas kritisch hinterfragt werden. Die Informationen sind grundsätzlich frei verfügbar und können im Internet gefunden werden (Kiselev & Loosli, 2019). Die Fachstellen und Stakeholder im Bereich Behinderung und Sport stellen diese Informationen zur Verfügung, es braucht aber auch ein proaktives Handeln der Lehrpersonen angesichts der Tatsache, dass viele Klassen von Schüler:innen mit Beeinträchtigungen besucht werden.

Schlussfolgerungen

Am regulären Schul- und Sportunterricht nehmen oft auch Schüler:innen mit Beeinträchtigungen teil. Diesem Umstand muss Rechnung getragen werden, proaktiv und abgestimmt auf die jeweilige Situation. Dabei ist es entscheidend, dass die Lehrpersonen den Zugang zu den notwendigen Unterstützungsmitteln erhalten. Die positiv beurteilten Inklusionsinhalte von «Schule bewegt» sind ein Ansatz, idealerweise sollten aber die Lehrpersonen in der Schweiz auch eine adäquate Ausbildung und spezifische Weiterbildungen im Zusammenhang mit inklusivem Sportunterricht erhalten.

Die Initiative dafür sollte nicht allein von den Lehrpersonen und Fachstellen ausgehen müssen – auch die lokalen Behörden sind angehalten, entsprechende Massnahmen zu ergreifen und die Ressourcen (z. B. Zeit für Weiterbildungen, Budget für Material etc.) zur Verfügung zu stellen, um diese Massnahmen umzusetzen.

Von den Fachstellen kann erwartet werden, dem Wunsch der Lehrpersonen nach mehr Informationen besser zu entsprechen und sie mit bedarfsgerechten Ressourcen (in Form von Unterlagen, Weiterbildungen oder Ressourcen) über geeignete Kanäle zu versorgen. Unter Umständen wäre es denkbar, auch andere Stellen wie zum Beispiel das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (EBGB) miteinzubeziehen, um die Ressourcenlücke auf Seiten der Lehrpersonen zu schliessen.

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Zsofia Csepregi
MSc in Psychologie UZH
Hochschulpraktikantin

PluSport Behindertensport Schweiz

zsofia.csepregi@uzh.ch

Dr. phil. Nikolai Kiselev

Leiter PluSport Science

PluSport Behindertensport Schweiz

kiselev@plusport.ch

Reto Planzer

Sportlehrer FH / Ausbilder mit eidg. Fachdiplom

Fachspezialist Inklusion

PluSport Behindertensport Schweiz

planzer@plusport.ch

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Stefan Häusermann

Lehrmittelautor / Fachspezialist Inklusionssport

PluSport Behindertensport Schweiz

info@inklusionssport.ch

Kilian Hegg

MSc in Sportwissenschaften UniBe Programmleiter «Schule bewegt» bei Swiss Olympic

kilian.hegg@swissolympic.ch

Literatur

Bükers, F., Wibowo, J., & Henriksen, C. (2020). Inklusive Schul- und Pausenhöfe. Eine Frage der Barrierefreiheit und eine Aufgabe für die Schulentwicklung. playground@landscape, 12 (1), 18−29.

Giese, M. & Weigelt, L. (2017). Inklusiver Sport-und Bewegungsunterricht: Theorie und Praxis aus Sicht der Förderschwerpunkte (Vol. 34). Meyer & Meyer Verlag.

Greve, S. (2021). Inklusion im Sport – Aktuelle Perspektiven. Bewegung & Sport, 75 (1), 3−7.

Häusermann, S. (2018). Das InSpot-Prinzip. Ein Planungstool für sportliche Inklusion. Grundschule Sport, 19, 6–10.

Kiselev, N., Frey, T., Naesbom, A., Planzer, R. & Meyer-Heim, A. (2023). Perspectives of Swiss Paediatric Health Care Professionals on Factors Influencing Physical Activity Participation in Children with Disabilities. Developmental Neurorehabilitation, 26 (5), 328–337.

Kiselev, N. & Loosli, D. (2019). Kann ich mitmachen? Behinderten- und Rollstuhlsportclubs in der Schweiz und der Zugang zum Behinderten- und Rollstuhlsport. Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, 25 (5-6), 13–20.

Markowetz, R. (2005). Inklusion – Neuer Begriff, neues Konzept, neue Hoffnungen für die Selbstbestimmung und Partizipation von Menschen mit Behinderung. In H. Kaiser, E. Kocnik & M. Sigot (Hrsg.), Vom Objekt zum Subjekt. Inklusive Pädagogik und Selbstbestimmung (S. 17–66). Hermagoras-Mohorjeva Verlag.

Seymour, H., Reid, G. & Bloom, G. A. (2009). Friendship in inclusive physical education. Adapted Physical Activity Quarterly, 26 (3), 201–219.