Behinderung und Sexualität in der DDR und heute

«Wie gut, dass jetzt darüber gesprochen wird!»

Katarina Prchal und Andrea Kuhn

Zusammenfassung
Das Reden über Sexualität und Behinderungen, das Ausleben von Sexualität trotz Behinderungen und die Selbstverständlichkeit der Sexualität bei Behinderungen scheint heute weniger repressiv besetzt zu sein. Der «Freiraum: Sexualität + ICH» ist Teil des Forschungsprojekts ReWiKs. Er bietet Menschen mit Lernschwierigkeiten ein Begegnungs- und Austauschformat, um sich mit Sexualität und Selbstbestimmung auseinanderzusetzen. Aufgrund der Altersheterogenität in den Freiraum-Gruppen wird oft Vergangenes und Gegenwärtiges thematisiert: zum Beispiel Sexualität und Behinderung in der DDR und die heutigen Möglichkeiten der sexuellen Selbstbestimmung. Die Idee für diesen Beitrag entstand mit einer Teilnehmerin einer Freiraum-Gruppe.

Résumé
Parler de sexualité et de handicaps, vivre sa sexualité malgré un handicap et faire de la sexualité une notion allant de soi pour les personnes en situation de handicap semble actuellement moins connoté de manière restrictive. Le « Freiraum: Sexualität + ICH » fait partie du projet de recherche ReWiKs. Il offre aux personnes ayant des difficultés d'apprentissage un espace de rencontre et d'échange leur permettant d'aborder la sexualité et l'autodétermination. En raison de l'hétérogénéité des âges dans les groupes de cet espace, le passé et le présent sont souvent abordés : par exemple, la sexualité et le handicap en RDA et les possibilités actuelles d'autodétermination sexuelle. L'idée de cet article est née avec une participante d'un groupe Freiraum.

Keywords: Sexualität, Behinderung, zwischenmenschliche Beziehungen, Selbstbestimmung, Deutschland / sexualité, handicap, relations interpersonnelles, autodétermination, Allemagne

DOI: https://doi.org/10.57161/z2023-06-08

Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, Jg. 29, 06/2023

Creative Common BY

Einleitung

Die Gruppe «Freiraum: Sexualität + ICH» (Kurzform: Freiraum-Gruppe) entstand im Rahmen des Projektes ReWiKs (Reflexion, Wissen, Können)[1]. Sie ist ein Austauschformat zur Erweiterung der sexuellen Selbstbestimmung, das an mehreren Standorten in Deutschland angeboten wird. Die Freiraum-Gruppen richten sich an Menschen mit Lernschwierigkeiten[2]. Sie bieten einen geschützten Raum, in dem sie sich – ausserhalb des Wohneinrichtungs-, Werkstatt- oder auch familiären Settings – begegnen und über Sexualität, Geschlechteridentitäten, sexuelle Selbstbestimmung sprechen und im Sinne eines Peer-Supports bearbeiten können. Durch die Freiraum-Gruppe als gemeinsamer Erzählraum[3] sollen die Teilnehmenden in ihrer Selbstwirksamkeit und in ihrer sexuellen Selbstbestimmung unterstützt und bestärkt werden. Die Berliner Freiraum-Gruppe ist recht altersheterogen (zwischen 24 und 65 Jahren). Zwei Teilnehmerinnen kommen aus der ehemaligen DDR, mehrere Teilnehmende sind im wiedervereinten Deutschland aufgewachsen. Die Gruppe thematisiert historische Vergleiche in Bezug auf die sexuelle Selbstbestimmung insbesondere von Menschen mit Behinderungen.

Andrea, die massgeblich an diesem Beitrag mitwirkte[4], erlebte Sexualität in der DDR als Thema, über das in ihrem Umfeld selten gesprochen wurde. Dies lag aus ihrer Sicht vor allem daran, dass sie aufgrund ihrer Behinderung aus vielen Bereichen ausgeschlossen wurde. Ihre Erfahrungen sowohl in der DDR als auch als Teilnehmerin der Freiraum-Gruppe stehen im Mittelpunkt des Beitrages. Kontrastiert werden ihre Erlebnisse durch die Lebensgeschichte von Matthias Vernaldi, der im gleichen Jahr wie Andrea mit einer progressiven Muskeldystrophie geboren wurde. Er wuchs mit seinen beiden jüngeren Geschwistern in einem christlich geprägten Elternhaus auf. Seine Eltern unterstützten seinen Werdegang und förderten seine Autonomie- und Selbstbestimmungsbestrebungen.

Forschungsstand

Die Thematik Behinderung und Sexualität in der DDR ist bisher kaum erforscht. Es liegen nur wenige Veröffentlichungen vor, die sich retrospektiv mit Menschen mit Behinderungen in der DDR beschäftigen. Diese Forschungsperspektive stand sowohl vor als auch nach der Wiedervereinigung «nur wenig im Blickfeld des öffentlichen Interesses» (Barsch, 2013, S. 9).

In der DDR wurde vor allem die didaktisch-methodische Herangehensweise erforscht, um «geistig behinderte» Menschen zu bilden. Fragen, wie die Beschulung von «intellektuell Geschädigten»[5] erfolgen sollte und der Auftrag, schulbildungsfähigen «intellektuell Geschädigten» eine berufliche Perspektive zu ermöglichen, standen im Vordergrund (Theunissen, 2006, S. 34). Es gibt kaum Studien, die die «Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungssituation in ihrer geschichtlichen Entwicklung sowohl in ihren theoretischen Grundlagen und praktischen Anwendungen hin analysier[en] und unter Berücksichtigung der Wirklichkeitsebene rekonstruier[en]» (Barsch, 2013, S. 35f.).

Gerda Juns Buch «Kinder, die anders sind. Ein Elternreport» nahm erstmal die Lebenssituation von «geistig behinderten Menschen» und deren Angehörigen in Form von Erfahrungsberichten in den Blick (Jun, 1981). Hervorzuheben ist die Dissertation von Sebastian Barsch, die «eine umfassende Darstellung der rechtlichen, ideologischen und institutionellen Rahmenbedingungen für die Lebenssituation geistig behinderter Menschen in der DDR» (Barsch, 2013, S. 10) bietet und den Alltag von «geistig behinderten Menschen» in der DDR eindrücklich rekonstruiert. Sexualität und Behinderung wird jedoch nicht thematisiert.

Sachse et al. (2018) untersuchten in ihrer Studie «Sexueller Missbrauch in der DDR» die historischen, rechtlichen und psychologischen Hintergründe des sexuellen Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen. Sie thematisierten Sexualität im Allgemeinen und im Besonderen den Umgang mit sexuellem Missbrauch in Familien, Vereinen und Einrichtungen des Sozial- und Gesundheitswesens (Sachse et al., 2018). Die Autor:innen recherchierten in Archiven und werteten unter Verschluss gehaltene Studien aus, die über den Umgang des Staates mit sexuellem Kindesmissbrauch berichteten. Sachse et al. (2018) räumten mit dem Mythos auf, dass in der DDR «sexuell freier» gelebt wurde. Sie betonten, dass dies «auf biographischen Berichten Einzelner, nicht aber auf einer breiten Datenbasis» beruht und nur bestimmte Milieus (u. a. Jugendkulturen, Kunstszene) dieser «freien Sexualität» zuzuordnen sind (ebd., S. 37f.).

Die Forschungsgruppe untersuchte auch die Situation von marginalisierten Gruppen, die vor allem in Heimen und Jugendwerkhöfen untergebracht waren. Über die Menschen mit Behinderungen wurden kaum Aussagen getroffen. Jedoch kamen die Autor:innen zum Schluss, dass junge Menschen, die im Heim untergebracht waren und dem Hilfsschulsystem zugeordnet wurden, verstärkt «die Abschottung von der Bevölkerung vor Ort und die Isolation in einem geschlossenen System» erlebten (ebd., S. 218). Die «Stigmatisierung der ‹Hilfsschüler› und ‹Schwererziehbaren› im öffentlichen Raum als verhaltensauffällig, gefährlich und delinquent» ebnete möglicherweise der Akzeptanz von Gewalt jeglicher Art gegen diese Gruppe den Weg (ebd., S. 218).

Zusammenfassend sind wenige Forschungsbeiträge zur Sexualität bei Menschen mit Lernschwierigkeiten in der DDR[6] zu finden. Diese thematisieren sexualisierte Gewalt und im Besonderen sexuellen Missbrauch. Beiträge zum selbstbestimmten Ausleben der Sexualität von Menschen mit Lernschwierigkeiten unter Berücksichtigung der Staatsideologie und den Wertvorstellungen der DDR stehen noch aus.

Leben in der DDR – ein biografischer Zugang

Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen in der DDR war bis weit in die 1980er Jahre von Separierung und Marginalisierung geprägt. Viele wuchsen in konfessionellen Heimen auf und erfuhren selten eine Integration in die Gesellschaft.

Andrea und ihre Zwillingsschwester wurden 1959 geboren. Insgesamt waren acht Kinder im Haushalt. Mit elf Monaten, als ihre Mutter verstarb, kam Andrea gemeinsam mit ihren beiden jüngeren Zwillingsbrüdern in ein katholisches Kinderheim, das von Ordensschwestern betrieben wurde. Der Vater konnte nicht alle Kinder versorgen, weshalb nur das älteste Kind im Elternhaus blieb. Andreas Zwillingsschwester wurde beim Grossvater untergebracht und die anderen Kinder in verschiedenen Heimen. Andrea besuchte vom Kinderheim aus die Grundschule. Sie erinnert sich, dass die Ordensschwestern sehr streng waren. Sie lebte mit fünf Kindern in einem Zimmer, Privatsphäre gab es nicht.

Und wie wir ein bisschen grösser waren, dann weiss ich nur, dass wir immer auf dem Balkon gestanden haben, [wir sind] immer abgeschoben worden […]. Und das Schlimmste war ja immer, wir mussten alles aufessen, und […] wenn man gebrochen hat, musste man das nochmal essen.[7]

In diesem Klima war es schwer, eigene Bedürfnisse zu entwickeln und durchzusetzen. Jungen und Mädchen wurden strikt getrennt. Sexualität wurde wie in allen Heimen der DDR tabuisiert, war unerwünscht und wurde sogar geahndet (Sachse et al. 2018). Andrea berichtet: «Im Heim […] haben sie uns nicht aufgeklärt und […] das ist immer noch unterdrückt. Darf ich meinen Freund denn nun mitnehmen, oder darf ich meinen Freund nicht haben?»

Andrea hätte sich mehr Aufklärung gewünscht. Sie selbst hatte als Kind Formen der sexualisierten Gewalt erfahren. Aus ihrer Sicht wurde nicht offen darüber gesprochen, «weil das früher nicht gab, wir wurden versteckt […] oder wurden bedroht: ‹Wehe sagst du das weiter […], dann kannst du was erleben›». Mit acht Jahren stürzte Andrea schwer und war ein Jahr lang im Krankenhaus. Sie musste Sprache und Motorik wieder neu erlernen. Der Vater heiratete erneut und Andrea kam aus dem Krankenhaus ins Elternhaus zurück. Als sie entlassen wurde, gehörte sie zum Personenkreis der «schulbildungsfähigen intellektuell Geschädigten»[8] und wurde in einer «Hilfsschule» unterrichtet. In der Schule wurde Sexualität nicht thematisiert. Andrea betonte, dass

wir in der DDR-Zeit, dass viele nicht aufgeklärt worden sind. […] Nein, in bin von meinen Schwestern aufgeklärt worden, weil meine Schwestern alle älter sind. Und da hat man ja auch die Freundschaft schon kennengelernt […] ich habe zum Beispiel mitgekriegt, dass meine beiden Schwestern ein Baby gekriegt haben, und dann wirst du selber aufgeklärt.

Als alle Geschwister ausgezogen waren, übernahm Andrea mit 14 Jahren die Pflege des Vaters und später jene der Stiefmutter. Bis weit in die 1990er Jahre pflegte sie ihre Eltern. Rückblickend denkt sie: «Ich durfte kein[e] Jugendliche und kein Kind richtig sein.» Ihre Partnerschaften verheimlichte sie in der Regel. Für die Eltern existierte Andreas Sexualität nicht, sie wurde ihr abgesprochen und auch nicht als Bedürfnis wahrgenommen. Andrea konnte mit ihnen nicht offen über ihre Bedürfnisse sprechen. Sexuelle Selbstbestimmung als Teilaspekt von Selbstbestimmung, wie es sich aus dem Grundgesetz herleiten lässt (Zinsmeister, 2013), erlebte Andrea nicht.

Also bei uns […] war das ja verschwiegen. Also da wurde es nicht erzählt und […] Drum und Dran. Auch bei Intimsachen nicht […]. Es gab – ich kenne nur viel Strafen dafür […]. Und so auch diesen Druck, wie erzählst du was.

Auch Matthias Vernaldi verbrachte einen Teil seiner Kindheit im Internat. Mit sieben Jahren kam er in ein Gothaer Internat. In seinem Buch «Dezemberfahrt» berichtet er über den Alltag im Internat und über die wenigen (sexuellen) Erfahrungen, die in diesem Setting zugelassen wurden (Vernaldi, 1995). Für Menschen wie Matthias Vernaldi und Andrea gab es damals nur zwei Perspektiven: lebenslang im Elternhaus umsorgt werden oder die Unterbringung im Pflegeheim. Ende der 1970er Jahre gründete Vernaldi in Hartroda bei Gera die erste Kommune mit, in der Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam wohnten und lebten. Die Hartrodaer Kommune war eine absolute Ausnahmeerscheinung in der DDR. In ihr erfolgte ein offener Umgang mit Behinderung, Sexualität und sexueller Orientierung.[9] Jedoch hat die Kommune erst in den 1990er Jahren, nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten, eine entsprechende Würdigung erhalten. Diese Form der Selbstbestimmung, auch in Bezug auf Sexualität und Partnerschaft, erlebte Andrea erst Ende der 1990er Jahre, nach dem Tod des Vaters und der Stiefmutter.

Leben in der BRD

Mit der Wiedervereinigung im Oktober 1990 änderte sich in den neuen Bundesländern die Situation in vielen sozialen Bereichen. Es gab neue sozialrechtliche Regelungen, viele staatliche Einrichtungen der Behindertenhilfe wurden in private Trägerschaften überführt und die Behindertenhilfe musste sich mit neuen Konzepten selbstbestimmten Lebens, Assistenz und Peerberatung auseinandersetzen. Sexualität erhielt dadurch einen anderen Stellenwert.

Vernaldi zog Anfang der 1990er Jahre dauerhaft nach Berlin. Hier setzte er sich für die sexuelle Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen ein und gründete 2000 die Initiative «Sexybilities» der Arbeitsgemeinschaft für selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen e. V. (ASL). Neben Peerberatung werden auch sexuelle Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen organisiert.

Mit dem Tod der Eltern begann für Andrea eine neue Lebensphase. Sie engagierte sich in einem Berliner Stadtteilzentrum und nahm an der Erstellung des Kiezatlas teil, der Orte für Menschen mit Behinderungen erfasst und bewertet. Wichtig ist es Andrea, anderen Menschen ihre Geschichte zu erzählen und auf Diskriminierungs- und Marginalisierungserfahrungen hinzuweisen.

Dann mache ich jetzt hier – ich mache Führungen, ich spreche mit Studenten, und rede […], dass die Betreuer nicht so umgehen wie in manchen Werkstätten sind. Und in Heimen […].

Als Peer vermittelt sie Menschen mit Lernschwierigkeiten, dass sie Mut haben sollen, «dass sie vielleicht sagen, dass die Behinderungen nicht gleich alle doof sind […]. Oder auch die Leute gebraucht werden und nicht einfach abgeschoben werden wie damals in DDR-Zeiten».

Als sich die Freiraum-Gruppe im Stadtteilzentrum vorstellte, war Andrea begeistert von der Möglichkeit, sich in einem geschützten Rahmen über Sexualität, Liebe und Partnerschaft auszutauschen. In der Gruppe treffen sich seit November 2021 Menschen mit Lernschwierigkeiten, die in besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe, bei ihren Eltern oder im eigenen Wohnraum mit Begleitung leben. Die Freiraum-Gruppe zeichnet sich durch eine Altersheterogenität aus, die es den jüngeren Teilnehmenden ermöglicht, zu fragen: «Wie haben die das gemacht […]. Und wie ist das bei der Partnerschaft und so alles. Wie kann man neu anfangen […]?» Für Andrea ist es wichtig, offen sprechen zu können. Dazu gehört ebenfalls, eigene Grenzen in der Gruppe zu besprechen und im privaten Umfeld durchzusetzen.

Ja das offen reden […], wenn ich jetzt sage [zum] Beispiel, ich möchte nicht berührt werden. Oder eine bestimmte Sache berühren, so ein bisschen Intimsachen […]. Dass man ihm das aufklärt und dann nicht nachher in Gewalt […], du wolltest das doch vielleicht und dann wolltest du es eigentlich gar nicht.

Durch die Freiraum-Gruppe erfährt Andrea eine Unterstützung, die sie davor nicht bekommen hat. Sie kann ihre sexuelle Selbstbestimmung erweitern. Damals, als sie sexuelle Gewalt erlebte, hätte sie sich eine Art «Seelsorge» gewünscht, «die mich dann unterstützt hätte». Im Stadtteilzentrum hat sie eine Mitarbeiterin kennengelernt, die ihr «Mut gegeben hat, und dadurch konnte ich erstmal richtig rausreden».

Ausblick

Die Freiraum-Gruppe wird begleitet durch eine Freiraum-Begleiterin, die selbst Behinderungserfahrung hat. Sie kennt die Vorurteile, die Menschen mit Behinderung täglich erleben. Andrea hat bei ReWiKs eine Schulung in einfacher Sprache zur Freiraum-Begleitung absolviert und kann sich vorstellen, die Freiraum-Begleiterin zukünftig bei den Treffen zu unterstützen. Andrea spricht über ihre Sexualität und sie kann anderen Menschen mit Lernschwierigkeiten in der Freiraum-Gruppe Mut zusprechen, ihre sexuelle Selbstbestimmung einzufordern und auszuleben.

Dr. Katarina Prchal

Wissenschaftliche Mitarbeiterin

Humboldt-Universität zu Berlin

Institut für Rehabilitationswissenschaften

Abteilung Pädagogik bei Beeinträchtigungen der körperlich-motorischen Entwicklung

katarina.prchal@hu-berlin.de

Andrea Kuhn

Mitglied der Arbeitsgruppe Inklusion des Stadtteilzentrums Pankow

info@stz-pankow.de

Literatur

Barsch, S. (2013). Geistig behinderte Menschen in der DDR. Erziehung – Bildung – Betreuung (2. Aufl.). ATHENA.

Bössing, C., Büttner, S., El Ismy, I. & Prchal, K. (2022). Erzählte Behinderung im Freiraum: Sexualität + ICH. Ein Beitrag über erzählte Liebe als erzähltes Leben. Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, 28 (7–8), 30–35.

Jun, G. (1981). Kinder, die anders sind. Ein Elternreport. Verlag Volk und Gesundheit.

Sachse, C., Knorr, S. & Baumgart, B. (2018). Sexueller Missbrauch in der DDR. Historische, rechtliche und psychologische Hintergründe des sexuellen Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen in der DDR. Springer VS.

Theunissen, G. (2006). Geistigbehindertenpädagogik in der DDR. In E. Wüllenweber, G. Theunissen & H. Mühl (Hrsg.), Pädagogik bei geistigen Behinderungen. Ein Handbuch für Studium und Praxis (S. 30–40). Kohlhammer.

Vernaldi, M. (1995). Dezemberfahrt. Autobiographischer Roman. Palette-Verlag.

Zinsmeister, J. (2013). Rechtsfragen der Sexualität, Partnerschaft und Familienplanung. In J. Clausen & F. Herrath (Hrsg.), Sexualität leben ohne Behinderung. Das Menschenrecht auf sexuelle Selbstbestimmung (S. 47–71). Kohlhammer.

  1. Das Projekt ReWiKs (Reflexion, Wissen, Können) befindet sich in der zweiten Förderphase. Es wird von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gefördert und von der Humboldt-Universität zu Berlin in Kooperation mit der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen durchgeführt. https://hu.berlin/rewiks

  2. Der Begriff «Menschen mit Lernschwierigkeiten» entspricht der Selbstbezeichnung von «Mensch zuerst – Netzwerk People First Deutschland e.V.». Im weiteren Verlauf werden teilweise Bezeichnungen aus den historischen Kontexten verwendet. Diese sind in Anführungszeichen gesetzt.

  3. siehe Bössing et al., 2022.

  4. Der Beitrag wurde für Andrea Kuhn in einfache Sprache übersetzt und durchgesprochen. Beim Interview war eine Vertrauensperson anwesend, die Andrea selbst wählte. Das Vorgespräch fand am 9.03.2023 statt, das Interview am 23.03.2023. Es gab mehrere Nachbesprechungen und eine Validierung der Daten.

  5. Der Begriff des «Schwachsinns» für Menschen mit einer sogenannten «geistigen Behinderung» wurde in der DDR durch die Bezeichnungen «Intelligenzschädigung» oder «intellektuelle Schädigung» ersetzt und in bewusster Abgrenzung zum Begriff der «geistigen Behinderung» bis zur Wiedervereinigung beider deutscher Staaten weitgehend beibehalten (Theunissen, 2006).

  6. Zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs bei Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen hat die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in Berlin ein Projekt gestartet, um gezielt Betroffene zu Wort kommen zu lassen (www.aufarbeitungskommission.de/themen-erkenntnisse/sexueller-kindesmissbrauch-beeintraechtigung)

  7. Nachfolgende Zitate sind dem Interview mit Andrea vom 23.03.2023 entnommen.

  8. In den 1950er Jahren wurde in der DDR ein Sonderschulwesen ausgebaut, das sich in «Hilfs-, Gehörlosen-, Schwerhörigen-, Blinden-, Sehschwachen-, Sprachheil- sowie Körperbehindertenschulen» gliederte. Ab den 1970er Jahren gab es zwei Verantwortungsbereiche. Für die «schulbildungsfähigen intellektuell Geschädigten» sollte in den «Hilfsschulen» eine «klare berufliche Perspektive» geschaffen werden (Theunissen, 2006, S. 34). Die «Hilfsschulen» unterstanden dem Bildungsministerium. Die Förderung von «schwer geistig behinderten» Kindern wurde in den Verantwortungsbereich des Gesundheitswesens übergeben.

  9. Die Dokumentation «Die Kommunarden von Hartroda» zeigt die Entwicklung der ersten und einzigen Kommune für Menschen mit und ohne Behinderung in der DDR. 1978 zogen vier Menschen mit Behinderung und zwei Menschen ohne Behinderung in ein altes Pfarrhaus. Gemeinsam lebten sie dort von den Pflegegeldern und der Rente, die Menschen mit schweren Behinderungen nach dem 18. Lebensjahr erhielten. Die Kommune Hartroda entwickelte sich zu einem «Pilgerort», an dem zwischenzeitlich mehr als 20 Menschen lebten und später auch den Hof selbstständig bewirtschafteten. Anhand von Film- und Zeitdokumenten wird auch der schwierige Umgang mit der Staatssicherheit der DDR sowie die Bevormundung und Disziplinierung durch die Kirche veranschaulicht (siehe www.youtube.com/watch?v=rQLIAc7bics).